55 Jahre Speichertechnologie: eine 8-GB-MicroSD auf einem 8-Byte-Magnetspeicherkern (Foto: Wikimedia)

Kleine Weltgeschichte der Speicherkarte

Es ist ein einziges Chaos! Hätten die ganzen Hersteller sich nicht einigen können wie die Anbieter von Akkus? Also: drei verschiedene Formfaktoren mit verschiedenen Kapazitäten. Nein, konnten sie nicht, stattdessen gingen die Kollegen Sony, Toshiba, Panasonic, SanDisk etc. pp. gerade am Anfang der Erfolgsgeschichte dieses Speichermediums strikt getrennte Wege. Immerhin hat sich nun doch eine Art Standardisierung bei den SD-Karten herausgebildet – aber die stellen eben nur eine Form der Speicherkarte dar. Nähern wir uns dem Thema einmal historisch:

Vom EPROM übers EEPROM zur Solid-State-Disk

Intel 1702, das erste Großserien-EPROM aus dem Jahr 1972 (Foto: Wikimedia)
Intel 1702, das erste Großserien-EPROM aus dem Jahr 1972 (Foto: Wikimedia)
Einer der am meisten übersehenen Helden der Computergeschichte dürfte Fujio Masuoka sein, der Elektroingenieur in Diensten von Toshiba, der 1980 den Flash-Speicher erfand. Wobei er auf einer sensationellen Erfindung des israelischen Kollegen Dav Frohman aufsetzte, der 1970 bei Intel das erste funktionierende EPROM (Erasable Programmable Read-Only Memory) vorstellte. Dabei handelt es sich um einen Chip mit Transistoren, von denen jeder ein Bit repräsentiert. Read-only ist solch ein Ding, weil es zum Übertragen von Daten ein besonderes Gerät, einen Brenner braucht. Der erste EPROM hieß Intel 1702 und wurde anfangs nur dazu eingesetzt, Betriebssystemcode für Mikroprozessoren vorzuhalten. Man kann sagen: Ohne EPROM hätte es die CPU – wie wir sie heute kennen – deutlich schwerer gehabt sich durchzusetzen. Das Verrückte an der Erfindung: Man kann ein EPROM mit Hilfe von UV-Licht löschen! Dazu ist auf der Oberseite ein Fensterchen aus Quarzglas angebracht – nicht nur das hat EPROMs immer ziemlich teuer gemacht.

Ein moderner EEPROM-Baustein aus der Videotechnik (Foto: Wikimedia)
Ein moderner EEPROM-Baustein aus der Videotechnik (Foto: Wikimedia)
Und was teuer ist, überlebt nur in den Kreisen der Ingenieure und Frickler. Hätten Yasuo Tarui, Yutaka Hayashi und Kiyoko Nagai, drei Jungs vom japanischen Institut Electrotechnical Laboratory 1972 anlässlich einer Konferenz das EEPROM (Electrically Erasable Programmable Read-Only Memory) präsentiert, wer weiß, ob es mit nicht-mechanischen, nicht-magnetischen Speichermedien überhaupt weitergegangen wäre. Das erste E im Begriff steht also für „electrically“ und legt nahe, dass ein solcher Speicherchip durch das Anlegen einer definierten Spannung gelöscht werden kann … und das macht ein EEPROM wesentlich billiger als ein EPROM. Und trotzdem kann das Ding mit dem zweiten E alles genauso gut wie sein Vorgänger. Beide Systeme haben aber einen Nachteil: Man kann sie nur ganz oder gar nicht löschen.

Fujio Masuoka, der Erfinder des Flash-Speichers (c) Profimedia.com, Polaris
Fujio Masuoka, der Erfinder des Flash-Speichers (c) Profimedia.com, Polaris
Da kommt der bereits erwähnte Masuoka-san ins Spiel, der nämlich das blockweise Löschen von read-only gespeicherten Daten auf einem Chip erfunden hat. Im Prinzip sind die von seinem Mitarbeiter Flash-Speicher genannten Bausteine Flash-EEPROMs, sodass ALLE Speicherkarten, aber aus USB-Sticks und SSDs zunächst einmal Flash-EEPROMs sind. Auf das Wort „Flash“ kam Masuokas Mitarbeiter, weil er es so empfand, als würde ein Blitz in einem Transistorarray einschlagen und die Daten killen – eine Idee übrigens, die in den Filmen der Men-in-Black-Reihe aufgegriffen wurde, wo die MiB das Gedächtnis von Menschen quasi wegflashen. Wie so oft in der Geschichte der Computerei entfaltete sich auf der Basis der Erfindungen eine eigene Kategorie an Speichermedien, bei denen eben nicht mehr Daten magnetisch aufgezeichnet werden. Einer der Endpunkte sind heute die Solid-State-Drives mit den gigantischen Speicherkapazitäten von bis zum 6,4 TB bei Consumer-Produkten.

Von USB-Sticks und SD-Karten

So sieht ein geöffneter USB-Stick aus (Foto: Wikimedia)
So sieht ein geöffneter USB-Stick aus (Foto: Wikimedia)
Bevor wir uns in Begeisterung über diese wunderbaren Datenspeicher ohne bewegliche Teile verlieren, muss ein gravierender Nachteil genannt werden: Kein EEPROM kann beliebig oft gelöscht und wieder beschrieben werden. Das gilt also auch für SSDs, USB-Sticks und SD-Karten. Tatsächlich wird momentan auf diesem Gebiet am meisten daran geforscht und entwickelt, die Zahl der Schreib-Lese-Zyklen zu steigern – was keine triviale Aufgabe ist, sondern ein Projekt, das weit über die Computertechnik in die Grundlagenforschung von Physik und Chemie reicht. Bei gängigen SD-Karten ist – je nach verwendeter Chip-Technologie – nach 100.000 bis etwa 1.000.000 Zyklen Schluss. Bei SSDs sieht das ähnlich aus, wobei man hier mit der (teuer!) Verwendung von selektierten (Ausschuss bei über 80 Prozent) SLC-Chips auf gut 5 Millionen Vorgänge kommt. Was übrigens dafür spricht, die Daten von der SD-Karte immer rasch auf eine Festplatte oder SSD zu sichern und die Daten von einer SSD immer auch in einer Cloud zu spiegeln.

Dov Moran, der Erfinder des USB-Sticks (Foto: Wikimedia)
Dov Moran, der Erfinder des USB-Sticks (Foto: Wikimedia)
Und dann kam der USB-Stick, das Device, das den USB-Eingang erst richtig sinnvoll machte. Die Idee ist so simpel wie gut und stammt vom israelischen Ingenieur Dov Moran. Man könne doch, so sein Ansatz, einen kleinen Flash-Speicher in ein ebenso kleines Gehäuse dengeln und dann einfach einen USB-Stecker anflanschen. Mit seinen Kollegen Amir Ban und Oron Ogdan bei der Firma M-Systems machten sie die Sache produktreif und bekamen im Jahr 2000 das Patent darauf. Kaum zwei, drei Jahre später waren USB-Sicks der nächste heiße Sch*** in der Computerszene. Auch wenn anfangs selten mehr als 4 MByte draufpassten, fanden Millionen Menschen heraus, dass sich mit einem USB-Stick Daten viel einfacher von einem zum anderen Rechner schaufeln lassen als mit einer CD oder gar einer Diskette. Und plötzlich gab es die Dinger in verschiedenen Größen, Formen und Farben, gern als Reklame-Give-away und mit unterschiedlichen Kapazitäten.

Nun haben es USB-Sticks so an sich, dass sie eben außen am Gehäuse eines Devices angestöpselt werden … und dann bei kleineren Geräten oder Apparaten, deren Form der Funktion folgt ziemlich im Weg sind. Das ist die eine Spur hin zur Speicherkarte. Die andere ist die Entwicklung der sogenannten MultiMedia Card (MMC) durch die Labore von SanDisk und Siemens, die anfangs hauptsächlich für den Einsatz in digitalen Aufzeichnungsgeräten (Video- und Fotokameras sowie digitale Audiorekorder) gedacht waren, denn bei den Profis ging es immer schon darum, ein schnell und leicht wechselbares Speichermedium zu haben. Die MMC war und ist für das Speichern von Bewegtbild und Ton optimiert, also kein universelles Medium, das man eben mal ins Notebook steckt, um dann fein auf Dateien zugreifen zu können. Und doch gebührt der MMC die Ehre, quasi die Urmutter aller Speicherkarten zu sein.

Der Stand der Technik bei den Speicherkarten

Und weiter: Eine 256-GB-MicroSD von 2020 für etwas mehr als 40 Euro
Und weiter: Eine 256-GB-MicroSD von 2020 für etwas mehr als 40 Euro
1999 kam dann mit der Secure Digital (SD) Memory Card die erste Version dessen, was im Volksmund „Speicherkarte“ heißt. Der wesentliche Unterschied zu seinem Vorläufer besteht darin, dass die gespeicherten Daten dank eines Dateisystems geschrieben und gelesen werden können wie mit einer klassischen Harddisk. Bis 2008 wurde die Technik drastisch optimiert, sodass zuerst mit dem SDHC- und aktuell mit dem SDXC-Standard einige Schwächen des SD-Kärtchens ausgemerzt wurden. Damit sind höhere Kapazitäten, schnellere Schreib-Lese-Vorgänge und mehr Schreib-Lese-Zyklen als je zuvor möglich. So wurde die SD-Karte zum beinahe universell einsetzbaren Speichermedium, das nur einen entsprechend Schlitz im Gerät braucht. Für die Computer, die keinen SD-Schacht haben, gibt es Schreib-Lese-Geräte, die per USB angeschlossen werden können.

Guter Adapter: MicroSD ins Kärtchen, Karte in den SD-Schlitz
Guter Adapter: MicroSD ins Kärtchen, Karte in den SD-Schlitz
Allein, bei den Formfaktoren bleibt es immer noch ein bisschen wirr, denn über alles gerechnet gibt es SD-Karten in vier verschiedenen Größen – die Palette reicht von der MMC (32 × 24 × 1.4 mm) über die Standard-SD (32 ×24 × 2.1 mm) und die MiniSD (21.5 × 20 × 1.4 mm) bis zur MicroSD (15 × 11 × 1 mm). Die gute Nachricht: Es gibt Adapter, mit denen man eine MicroSD in einen MiniSD- oder Standard-SD-Adapter legen und dann über einen entsprechend Schlitz nutzen kann – dito zwischen MiniSD und Standard-SD. In der digitalen Wirklichkeit erfüllen die verschiedenen Größen verschiedene Aufgaben. Die MiniSD findet sich vor allem als Speichererweiterung in Smartphones. Die MicroSD ist die vielseitigste, die quasi zum Standard als transportabler Speicher für Digitalkameras geworden ist, während die Standard-SD mit Kapazitäten von bis zu 2 TB sogar als Festplattenersatz in tragbaren Rechnern dient.

SD-Karte als "Festplatte" in einem Raspberry-PI
SD-Karte als „Festplatte“ in einem Raspberry-PI
Einer weiteren Miniaturisierung haben die führenden Hersteller übrigens einstimmig eine Absage erteilt – sie sei einfach nicht nötig. Dafür arbeiten sie ständig an der Erhöhung der Kapazitäten und sind bei der Standard-SD für den professionellen Einsatz inzwischen schon bei sage-und-schreibe 128 Terrabyte angelangt. Gleichzeitig sinken die Preise für MiniSD-Karten mit den zurzeit gängigen Kapazitäten von 64 und 128 GB gleichmäßig, und eine Speicherkarte mit 256 GB Fassungsvermögen gibt es bisweilen schon für um die 40 Euro. Am wichtigsten sind diese Karten für Leute, die mit Digitalkameras viele Bilder schießen oder oft längere 4K-Clips drehen.

[Fotonachweis – Titelbild: Daniel Sancho via Wikimedia unter der Lizenz CC BY 2.0; EEPROM: Nevit Dilmen via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 3.0; Fujio Masuoka: (c) Profimedia.com, Polaris; USB-Stick offen: Gmhofmann via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 3.0; Dov Moran: ComigoTV via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 4.0;]

Ein Gedanke zu „Kleine Weltgeschichte der Speicherkarte“

  1. Eine MiniSD im Smartphone? Sowas altertümliches ist mir jetzt auch noch nicht untergekommen. Welches ist denn das Selbst meine Serie-40-Nokias Ende der Nuller hatten schon MicroSD-Slots.

    MiniSD ist, wie MMCPlus, xD, MemoryStick (in allen Größen), M2 (Achtung: nicht M.2, die sind brandaktuell!) und SmartMedia, nie wirklich weit verbreitet gewesen. Schon zu Beginn meiner Digitalkamerakarriere gab es fast nur noch SD/MMC oder CF zur Auswahl – der Rest waren Insellösungen (Sony) oder wurde schnell wieder durch ein Nachfolgeformat ersetzt. xD und SmartMedia habe ich noch nicht mal in meiner Sammlung…

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