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Kleine Weltgeschichte des Spam und der Junk-Mail

Ach, wär das schön, man könnte ans Mail-Postfach einen Zettel kleben, der sagt: Keine Werbung! So wie man das beim heimischen Briefkasten tut und dann weitestgehend von unverlangt eingeworfenem Papierkram verschont bleibt. Natürlich verfügt heute jedes halbwegs ordentliche Mailprogramm über einen automatischen Filter für Junk, den man manuell auch noch verschärfen kann – aber trotzdem schaffen es immer noch endlos viele Spam-Mails ins Eingangskörbchen. Außerdem ist Mail-Spam ja inzwischen auch nicht mehr die einzige digitale Belästigung. Dabei hat alles so harmlos angefangen…

Kauft PDP-11-Zubehör!

Das digitale Weltwissen behauptet, die allererste Spam-Mail sei am 3. März 1978 versandt worden. Der DEC-Mitarbeiter Gary Thuerk soll es gewesen sein, der über das Arpnet-Mailingsystem ein Angebot für Zubehör zur PDP-11/20 an 400 Empfänger verschickt haben soll. Einer der Empfänger, ein gewisser Einar Stefferud, erinnert sich und erklärte, dass die arme Socke alle Adressen der Empfänger habe händisch eintippen müssen, und weil das System für eine solche Menge vorgesehen war, seien viele Adressen in den Header und in den Bodytext übergelaufen. Vermutlich hat erst das die militärische Dienststelle auf den Plan gerufen, die das Arpnet kontrollierte, und Gary bekam ganz schlimm Ärger.

Wer sonst keine Mail kriegt, Spam kommt immer...
Wer sonst keine Mail kriegt, Spam kommt immer…
Der Begriff „Spam“ für Mails, die man unverlangt von Wildfremden bekommt, bürgerte sich aber sehr viel später ein. Noch zu Zeiten von Compuserve bekam kaum ein User je eine signifikante Menge solcher Werbebotschaften. Erst mit der Verbreitung des Internets auch unter Normalanwender begann die Epidemie, die bis heute anhält. Wer genau den Monty-Python-Sketch von 1970 als Quelle für die Bezeichnung von Junk-Mail verwendet hat, lässt sich nicht mehr klären. Der zeigt die Szene in einem Imbiss, in dem sich außer einem Pärchen nur Wikinger als Gäste befinden. Auf die Frage, was denn auf der Speisekarte stünde, beginnt die Wirtin lauter Gerichte vorzulesen, die das Produkt „Spam“ enthalten. Dabei handelt es sich um ein Frühstücksfleisch in Dosen, das Gegenstück zu Corned Beef aus Schweinefleisch.

I don’t like Spam!

Der weibliche Gast antwortet jedes Mal mit „I don’t like Spam!“ worauf die Wikinger das Spam-Lied anstimmen. Tatsächlich handelt es sich bei diesem Dosenfleisch um ein Produkt, dass in Großbritannien während er Mangelwirtschaft im zweiten Weltkrieg fast immer in ausreichenden Mengen verfügbar war und von den Hausfrauen tatsächlich als Fleischersatz in allen möglichen und unmöglichen Mahlzeiten eingesetzt wurde. Die Folge: viele Briten, die sich in dieser Ära an dem Zeig überfressen hatten, mochten Spam nicht mehr. So wurde „Spam“ schon kurz nach der ersten Sendung des Sketches (und lange vor der „Erfindung“ der E-Mail) dort ein geflügeltes Wort für Lebensmittel, die man nicht mehr sehen, riechen und schmecken konnte.

Besonders beliebt bei Spammern und Empfängern: Reklame für Viagra
Besonders beliebt bei Spammern und Empfängern: Reklame für Viagra
Das Phänomen selbst – einmal abgesehen von dem Thuerk-Vorfall – ist vermutlich erstmals in den Message-Boards der MUDs aufgetreten. Diese textbasierten Multiuser-Rollenspiele funktionierten ja so, dass die Spieler per DFÜ nach gewissen Regeln beschrieben, was ihre jeweilige Spielfigur gerade tat. Irgendwann kamen wohl gleich mehrere Mitmacher auf die Idee, dort auch allerlei Botschaften, die mit dem jeweiligen MUD nichts zu tun hatten, dort unterzubringen – unter anderem auch Reklame, meist für irgendwelches Computerzubehör. Aber schon im Usenet professionalisierten sich die bösen, bösen Spammer und setzten Spam-Nachrichten als Marketinginstrument ein.

Halblegal, illegal, ganz egal…

Die Idee ist simpel: Wenn von einer Million Empfänger nur ein Prozent das angepriesene Zeug kauft, gehen mal eben 10.000 Produkte über den virtuellen Tresen. Weil Spam in seiner ursprünglichsten Version nichts kostet, ist effektivere Reklame kaum vorstellbar. Weder in den alten Bulletin-Board-Systemen, noch im Usenet wurden aber Anwender direkt adressiert; die Werbebotschaften wurden einfach an den unpassendsten Stellen in die jeweiligen Threads geballert. Dies nach ein paar Jahren schon automatisiert durch Batch-Prozesse oder sogar schon Bots. Um in der aufsteigenden Zeit des E-Mail-Verkehrs für jedermann an Adressen zu kommen, mussten die Spammer immer schon halblegale oder illegale Wege gehen.

Ausschnitt aus der Liste der Empfänger der allerersten Spam-Mail von 1978
Ausschnitt aus der Liste der Empfänger der allerersten Spam-Mail von 1978
Und weil die ganze Spammerei umso erfolgreicher war und ist, je mehr Adressaten man belästigen kann, entwickelte sich die Sache arbeitsteilig: hier die Adressenräuber, da die Junk-Mail-Versender. Mailadressen konnte und kann man in Bündel zu je einer Million im dunklen Web für relativ kleines Geld kaufen. Noch krimineller aber ist, existierende Mailaccounts harmloser Bürger zu kapern und zum Versenden von Spam zu missbrauchen. Und obwohl die einschlägigen Schutzmaßnahmen heutzutage schon recht ordentlich funktionieren, lohnt sich dieses Business immer noch: um 10.000 Besteller zu finden, brauchen Spammer nun aber schon eher 10, wenn nicht gar 100 Millionen Adressaten. Die zu beschaffen ist so schwer nicht, wo es doch zum Ende 2019 weltweit rund 5,5 Milliarden Mailaccounts gibt.

Hier ein schönes Erklärvideo des Business Insider mit Ausschnitten aus dem Spam-Sketch der Monty-Python-Truppe:

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