So verschieden können LEDs sein (Bildnachweis: siehe unten)

LED – Leuchtdiode, eine der wichtigsten Erfindungen des 20. Jahrhunderts

Kürzlich sah ich mir nach langer Zeit mal wieder den grandiosen Science-Fiction-Film „Alien“ von 1979 an, und zwar mit den Augen eines Digisauriers. Will sagen: Ich achtete auf die Darstellung von Computern und anderem Digitalkram. Da musste ich aber oft schmunzeln, wenn weiße Nullen und Einsen über einen blauen Bildschirm wabern oder an den Wänden der Schleusen Neonröhren beim Einschalten zucken. Neonröhren! Auf einem Raumschiff, das durch ferne Galaxien schippert! Und dazu diese ganzen Kathodenstrahlröhrenmonitore, giftgrüne Zeichen auf schwarzem Grund! Überall Kippschalter und Druckknöpfe! ALTMODISCH! Dagegen waren die Bügeleisengriffe auf dem „Raumschiff Orion“ ja beinahe futuristisch.

Im Kontrollraum der Mutter blinken hundert LEDS (Bildnachweis: siehe unten)
Im Kontrollraum der Mutter blinken hundert LEDS (Bildnachweis: siehe unten)

Dabei hätten es die Ausstatter des Raumfrachters Nostromo Ende der Siebzigerjahre schon wissen können. Immerhin gelang es ihnen ja, das Terminal des intelligenten Zentralcomputers namens „Mutter“ mit Hunderten von sinnlos vor sich hin blinkenden LEDs auszustatten. Nebenbei: Dieser, ähem, KI konnte man Fragen über eine Tastatur mit einigermaßen absurden Tasten stellen, nachdem man sich über eine komplizierte Prozedur in den sechseckigen Kontrollraum auf einen Sessel begeben hatte, der sich dann automatisch auf den winzigen Bildschirm hin drehte, und bekam die Antworten dort angezeigt. Andererseits konnte man die „Mutter“ auch hier und da per Sprache befragen und bekam per Sprache Antwort – ja, was denn nun?

Aber egal. Hier soll es um dieses winzige Wunderding gehen, dass heutzutage praktisch jedem Menschen in seinem Leben millionenfach begegnet: die Leuchtdiode, auch LED (Light Emitting Diode) genannt. Dieses Halbleiterbauteil ist überall: vom Kontrolllämpchen bis hin zum Leuchtmittel für Lampen und Laternen. Da fragt sich der interessierte Digisaurier schon: Wer hat’s erfunden? Mutter wurde antworten: NEGATIVE. NO INVENTOR CONNECTED TO LED.

Eine UV-Licht-LED (Bildnachweis: siehe unten)
Eine UV-Licht-LED (Bildnachweis: siehe unten)
Tatsächlich handelt es sich um eine der wichtigsten Erfindungen des 20. Jahrhunderts, die aber nicht DER Erfinder erfunden hat. Das Ding ist quasi organisch aus der weiträumigen Forschung rund um elektronische Elemente in den Fünfziger- und Sechzigerjahren erwachsen. Es begann aber viel, viel früher. 1907 entdeckte der britische Physiker Henry Joseph Round, der bei Marconi am Design von Röhren für die Signaltechnik wirkte, eher zufällig, dass man anorganische Stoffe durch elektrische Spannung zum Leuchten bringen kann. Noch heute nennt man dies den Round-Effekt.

Ihm gelang das mit einem Kristall des Siliziumkarbids. Zwölf Jahre später macht der russische Forscher Oleg Wladimirowitsch Lossew dieselbe Entdeckung im Zusammenhang mit seinen Experimenten rund um Einsteins Theorie der stimulierten Emission als eine Umkehrung der Absorption. Und 1935 gelang dem französischen Physiker Georges Destriau die Reproduktion des Round-Effekts und der Lossew-Versuche mit einem Stück Zinksulfid. Er hatte die Elektrolumineszenz, den Destriau-Effekt erfunden. Zu Ehren seines russischen Vorgängers nannte er den Effekt „Lossew-Licht“.

Nick Holonyak, der Vater der LED (Bildnachweis: siehe unten)
Nick Holonyak, der Vater der LED (Bildnachweis: siehe unten)
Komischerweise wusste fast zwanzig Jahre lang niemand so recht etwas mit diesen Entdeckungen anzufangen. Und Round, Lossew oder Destriau als „Erfinder“ der LED zu bezeichnen, ist wissenschaftlicher Blödsinn. Die Weiterentwicklung in Richtung Leuchtdiode hat viel mit der Erfindung des Transistors zu tun, die auffällige Parallelitäten aufweist, denn das Prinzip des Feldeffekttransistors (FET) wurde 1925 von Julius Edgar Lilienfeld beschrieben, ohne dass er Hinweise auf eine praktische Nutzung gab – das war beim Round-Effekt, beim Lossew-Licht und der Elektrolumineszenz nicht viel anders.

Mit Beginn der Fünfzigerjahre aber kam die Halbleiterphysik so richtig in Schwung. Ausgelöst übrigens durch den militärischen Wunsch der Verbesserung der Radartechnik sowie den wachsenden Ansprüchen an die Rundfunk- und Fernsehtechnik. Man war auch schon fast am Ende der Fahnenstange dessen angelangt, was mit Elektronenröhren möglich war. Und plötzlich forschten Hunderte Menschen weltweit am Transistor und erzielten von Jahr zu Jahr immer erstaunlichere Ergebnisse.

Zum Beispiel auch bei den Werkstoffen. Nachdem die Grenzen der Möglichkeiten einer praktischen Anwendung von Zinksulfid bei der Lichtemission erkannt wurden, konzentrierten sich die Ingenieure auf Mischkristalle von Galliumarsenid (GaAs) und Galliumphosphid (GaP). Damit wurde der Bau von Leuchtdioden, wie wir sie kennen, erst möglich. 1962 war es dann der US-amerikanische Wissenschaftler Nick Holonyak, der bei und für General Electric (GE) die erste industriell herstellbare Leuchtdiode konstruierte. Auch Holonyak wird gelegentlich als Erfinder der LED genannt, besser passt hier wohl der Ausdruck „Vater der LED“.

Damit gab es für Ingenieure und Bastler zum ersten Mal eine vielseitig einsetzbare, rote LED auf dem Markt, also einen Halbleiter, der bei angelegter Spannung rotes Licht abstrahlte. Dieses Bauteil wurde in der Folge überall da massenhaft verwendet, wo optisch signalisiert werden sollte, dass ein Gerät eingeschaltet ist. Innerhalb weniger Jahre fand man diese Leuchtdioden überall: vom Küchengerät über Radio- und Fernsehapparate bis hin zu Autos, Flugzeugen und Raumkapseln. Und weil die ersten kleinen Computer Reihen solcher LEDs als einzige Möglichkeit der optischen Anzeige verwendeten, war das kleine, meist rote Lämpchen bald untrennbar mit der populären Darstellung von „Elektronenhirnen“ verbunden.

Voll angesagt: Bunte LED-Bänder (Bildnachweis: siehe unten)
Voll angesagt: Bunte LED-Bänder (Bildnachweis: siehe unten)

Alles, was bis heute danach kam, waren Verbesserungen – echte Innovationen gab es in diesem Bereich seit 1962 nicht mehr. Bei den Weiterentwicklungen ging es zunächst darum, LEDs in anderen Farben leuchten zu lassen. Heute gibt es Leuchtdioden für das gesamte Spektrum sichtbaren Lichts plus Ultraviolett. Gleichzeitig wurde die Verkleinerung der LED erreicht; heute existieren Leuchtdioden, die kleiner sind als die Kugel in der Spitze eines Kugelschreibers. Wie bei allen Halbleitern konnten Ingenieure auch den Strombedarf um den Faktor 100 verringern. Und als man schließlich in der Lage war, mit LEDs echtes weißes Licht zu erzeugen, waren die LED-Leuchtmittel geboren, die man heute fast in jedem Haushalt als Ersatz für Glühbirnen vorfindet.

Aber die Anwendungsgebiete für Elektrolumineszenz im Allgemeinen und LEDs im Speziellen reichen weit über das reine Abstrahlen von Licht hinaus. So spielen spezialisierte Leuchtdioden eine Rolle in der Signaltechnik. Parallel zur Entwicklung der Laser-Technik wurden Laserdioden auf Basis der Erkenntnis der LED-Technologie konstruiert. Am häufigsten aber finden sich LEDs inzwischen in Leuchtmitteln wie Verkehrsampeln, Straßenlaternen, Autoscheinwerfern, Taschenlampen, TV-Geräten, Smartphones und vielen weiteren Geräten und auf Anzeigetafeln. Grob geschätzt werden jährlich weltweit an die eine Billion LEDs verschiedenster Bauart und für verschiedene Anwendungen produziert. Allein der Umsatz der Firma Osram in diesem Bereich betrug laut Statista über fünf Milliarden Euro – und das bei einem „Pfennigsartikel“.

Hätte es also auf dem Raumfrachter Nostromo im Film „Alien“ schon mehr LEDs geben können als bloß im Kontrollraum des Zentralcomputers? Eindeutig ja. Der Streifen spielt im Jahr 2122, also weit, weit in der Zukunft. Und als 1977 und 1978 gedreht wurde, gab es LEDs schon für mehr Anwendungen als bloß dafür, einen Großrechner blinken zu lassen. Allerdings: Flüssigkristallanzeigen (LCD) hätte es an Bord der Nostromo schon geben können, denn die ersten Displays dieses Typs gab es als Bauteile für elektronische Geräte schon Mitte der Siebzigerjahre. Aber das ist ein anderes Thema…

[Bildnachweis – Alien/Mutter: Screenshot; Leuchtdiode: Grapetonix via Wikimedia unter der Lizenz CC BY 3.0; Verschiedene LEDs: Afrank99 via https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Verschiedene_LEDs.jpg unter der Lizenz CC BY-SA 2.0; LED-Leuchtmittel: via DeutscheLED; buntes LED-Band: via BGR.com; Porträt Nick Holonyak: public domain]

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