Last Updated on 10.03.2025 by Redaktion Digisaurier
[Vorsicht, langer Text! Hier die Zusammenfassung: Facebook hat seinen Algorithmus geändert. FB-Seiten haben dadurch deutlich weniger Reichweite. Damit nimmt die Zahl der Besucher, die von FB zu einer Website kommen, drastisch ab. Davon profitiert Google. Kann sein, dass Facebook so für das Internet-Marketing an Bedeutung verliert.]
Von außen betrachtet erscheint das, was Internet-Marketeers treiben wie eine Raketenwissenschaft. Schließlich geht es darum, hochkomplexe Algorithmen zu durchschauen und, ja, auszutricksen. Ziel der Übung ist es in aller Regel, möglichst viele User möglichst oft und möglichst lange auf die eigenen Angebote im Web und in den sozialen Medien zu locken. Schließlich kann man User am besten zu Kunden machen, wenn man sie oft und intensiv beeinflussen kann. Nun haben auch weniger Interessierte schon vom geheimnisumwitterten Google-Algorithmus gehört und der sogenannten Suchmaschinenoptimierung.
Der große SEO-Mythos
Die heißt auf Englisch „Search Engine Optimization“, was als SEO abgekürzt etwas für so wichtig erklärt wird wie Antiviren-Software. Hunderte mehr oder weniger seriöse Firmen verdienen ihre Brötchen mit SEO. Sie versichern ihren Kunden, die Algorithmen der Suchmaschinen so gut zu kennen, dass sie durch gezielte Maßnahmen dafür sorgen können, dass die Webseiten ihrer Mandanten in den Suchergebnissen weiter oben erscheinen. Nebenbei: Wenn von Suchmaschinen die Rede ist, dann ist bei den SEO-Fuzzis meistens nur Google gemeint.
Es geht um die Anzeigenumsätze
Nun kann der Anbieter natürlich bei Google Anzeigen schalten. Die erscheinen dann über den Suchergebnissen bzw. zu Beginn der Ergebnisliste mit dem Hinweis, dass es sich um Anzeigen handelt. Der gewiefte Otto aber sagt sich: Mmmh, das ist ja bloß Reklame, ich will lieber die authentische Info … und ignoriert die Anzeige. Weil das so ist, verdienen sich SEO-Dienstleister eine goldene Nase, und Google entgeht Umsatz mit Werbung. So ist in den vergangenen zwölf Jahren ein Hase-Igel-Rennen zwischen Google und den SEOlern entstanden. Google als Hase verändert seinen Algorithmus (Link leider nicht mehr verfügbar), der die Rangfolge der Suchergebnisse steuert, und die Suchmaschinenoptimierer finden nach mehr oder weniger kurzer Zeit heraus, wie man den Algorithmus austricksen kann.
Bei Facebook liegt die Sache anders. Genauso wenig wie bei Google ist es natürlich NICHT die Mission der Zuckerberg’schen Plattform, die Menschen glücklich zu machen, sondern Geld zu verdienen, viel Geld, immer mehr Geld. Genau wie Google aber verdient der liebe Mark die Kohle mit Reklame. Im Prinzip sollen Hersteller, Dienstleister und Anbieter dafür bezahlen, dass die sozialen Wesen auf Facebook von ihnen erfahren. Nun gibt es ja schon seit Längerem die Einrichtung der Facebook-Seite. Die war ursprünglich für Promis als Treffpunkt ihrer Anhänger gedacht und hieß daher „Fan Page“. Aber nur ein paar Monate nach der Einführung der Fan-Seite hatten Dutzende Marken und Unternehmen solche Seiten eingerichtet, um so Communities auf Facebook zu erzeugen und zu betreuen. Die Idee der zugehörigen Internet-Marketeers: Wozu Zuckerberg mit Kohle für Anzeigen zu füttern, wenn die Leute doch kostenlos auf unsere Fan-Pages kommen?
Facebook filtert, was du siehst
Entscheidend im Hinblick auf die Aufmerksamkeit ist, das, was ein Facebook-User in seiner Timeline sieht. Um das beeinflussen zu können, hat Facebook schon vor fast zehn Jahren damit aufgehört, dem Anwender einfach alle Beiträge aller seiner Freunde und die neusten Postings aller von ihm geliketen Seiten ungefiltert in diese Timeline zu schieben – der Facebook-Algorithmus wählt aus, was der User zu sehen kriegt. Jedenfalls dann, wenn man als bewusster Facebookler nicht auf „Neuste Meldungen“ umgestellt hat – aber da ist wieder ein anderes Thema.
Jedenfalls hat Facebook Anfang 2018 heftig an seinem Algorithmus herumgeschraubt mit dem Ziel, dass der User weniger Postings von Marken-, Unternehmens- und Medienseiten in seiner Timeline serviert bekommt. Reden wir nicht über die krude, beinahe realsatirische Begründung, man wolle so Content von Freunden und Familienmitgliedern bevorzugt ausliefern, sondern davon, wie sich das Ganze ausgewirkt hat. Die wesentliche Maßnahme im neuen Algorithmus, die den Content potenzieller Anzeigenkunden wegfiltern soll: Es wird nicht mehr die auf einer Seite verbrachte Zeit als Qualitätsmerkmal gewertet, sondern das Maß an Interaktion (um es mal ganz verkürzt darzustellen). Im Klartext bedeutet dies, dass ein Like an einem Seiten-Posting nur noch wenig wert ist, ein Teilen oder gar ein Kommentar aber sehr viel.
Drastische Veränderungen bei der organischen Reichweite
In der Konsequenz hat das zu teilweise drastischem Rückgang bei der „organischen“ Reichweite (also der, für die man nichts an FB zahlt) geführt. Der Verfasser dieses Beitrags betreut mehr als ein Dutzend Websites samt der zugehörigen Facebook-Seiten und kann diese Aussagen aus eigener, täglicher Anschauung nur bestätigen. Leider hat es vor allem Seiten mit weniger Abonnenten getroffen und leider ganz besonders die Facebook-Seiten gemeinnütziger Organisationen – letzteres möglicherweise, weil die ja eh nicht als Anzeigenkunden in Frage kommen.
Und das bedeutet ebenfalls konkret, dass man als Betreiber überlegen muss, ob man den aktuellen Aufwand für Menge und Qualität von Content auf der Facebook-Seite überhaupt noch investieren will oder mehr Anstrengung in SEO-gerechten Content auf der Website legt. Insgesamt können die Veränderungen am FB-Algorithmus weitreichend Folgen haben und zu einem deutlichen Rückgang der Bedeutung von Facebook führen.