Mit drei Apps quer durch Berlin

oeffi_berlinDer Jobtermin in der Nähe vom Sony-Center am Potsdamer Platz war schneller durch als geplant, und da kam die Idee auf, doch mal eben schnell die Freunde in Groß Glienicke zu besuchen. Das sind laut Google-Maps-Routenplaner schlappe 24 Kilometer, für die man im Auto rund 35 Minuten brauchen soll. Also fragt der geneigte Besucher am nächstgelegenen Taxistand im ersten Wagen. Und bekommt die echt berlinerische Antwort: „Fahr ick nur, wennse wieder mit mir zurückfahren und die Wartezeit da inne Pampa zahlen.“ Der zweite Kollege winkt wortlos ab, der dritte lacht laut auf: „Jroß Jlienicke? Iss datt nicht in die Ssone?“ Man könnte natürlich auch ein car2go nehmen, aber leider reicht das Berliner Geschäftsgebiet nicht bis in die schnuckelige Datschensiedlung am Sacrower See. Aber hatte der Freund nicht erzählt, es sei kein Problem, mit dem Bus aus Berlin in den Ort, der einst knapp hinter der Mauer lag, zu kommen? Nur, wie soll ein Ortsfremder, noch dazu einer, der schon am Heimatort selten den ÖPNV nutzt, die Verbindung herausfinden und dann auch noch einen Fahrschein kaufen? Kein Problem: Mit genau drei Apps auf dem Android-Phone ist die ganze Sache leicht zu schaukeln.

Zunächst stellt sich die Frage nach der Verbindung an sich. Ein Blick auf die diversen Karten im U-Bahnhof Potsdamer Platz erhöht die Ratlosigkeit. So richtige Schalter mit Beamten, die in Büchern nachschlagen und Auskunft geben, gibt es ja nicht mehr. Aber der Google-Maps-Routenplaner, der beherrscht ja auch den öffentlichen Personennahverkehr. Und den hat ja jeder Android-Nutzer auf seinem Smartphone. Also schnell als Ziel die Parzivalstraße in Groß Glienicke eingetippt und als Startpunkt den aktuelle Standort bestätigt. Dann noch auf das Bahnsymbol getappt, um als Verkehrsmittel den ÖPNV zu wählen. In Sekunden ist die Route berechnet. Und die sieht selbst für einen Busabstinenzler beherrschbar aus. Leider wird die schnellste Verbindung doch für eine beinahe einstündige Reise sorgen. Später bestätigt der Freund, dass er es mit dem Auto vom Potsdamer Platz nach Hause noch nie in weniger als einer Dreiviertelstunde geschafft hat. Na dann…

Sollte unsere Testperson übrigens Lust und Zeit auf eine kleine Stadtrundfahrt haben, würde er als bevorzugtes Gefährt den Bus wählen, der sich einmal quer von Ost nach West durch die Hauptstadt bummelt. Allerdings würde das die Fahrtzeit verdoppeln. Die optimale Verbindung ist dagegen denkbar einfach und schnell. Der RE4 Richtung Rathenow hält im Bahnhof Potsdamer Platz und bringt den Reisenden innerhalb einer guten Viertelstunde nach Spandau, wo dann der Bus 639 Richtung Potsdam Hbf abfährt. Die Umsteigezeit ist mit sechs Minuten komfortabel, und die Bustour mit 19 Haltestellen in einer halben Stunde auch nicht uninteressant. Fragt sich nur, wo und wann RE4 und der 639er genau abfahren und ob sie pünktlich sind. Hier kommt Öffi ins Spiel, die geniale App, die alle Fahrpläne aller wichtigen ÖPNV-Netze in Deutschland und Europa kennt.

Öffi ermittelt per GPS den Standort des Users und schlägt gleich das richtige Netz vor. Für alle Haltetstellen in der Nähe werden die Abfahrtszeiten aller Bahnen und Busse angezeigt – und zwar inklusive möglicher Verspätungen und Ausfälle. So erfährt unser Abenteurer, dass der RE4 leider, leider, leider ausfällt. Aber Google Maps hat ja Alternativrouten im Angebot, bei denen man einmal mehr umsteigen muss. Also ist auch diese Hürde dank App übersprungen. Bleibt die Frage nach dem Fahrschein. Denn spätestens wenn der Automat den angebotenen Fünfziger wieder ausspuckt und man partout keine Möglichkeit hat, den in Kleingeld zu wechseln, kommt man auf den Handyticket-Geschmack. Die App mit dem schönen Namen „HandyTicket Deutschland“ macht es möglich, ÖPNV-Tickets für eine Vielzahl Regionen direkt und bargeldlos per Smartphone zu kaufen. Bezahlen kann man per Kreditkarte oder Lastschrift – wem beide Zahlverfahren zu unsicher ist, der kann auch ein Prepaid-Guthaben anlegen, das dann per App genutzt werden kann.

Fragt sich nur, für welche Zone unser Reisender einen Fahrschein lösen muss. Darüber schweigen sich Google Maps und Öffi aus. Aber hier hilft HandyTicket weiter, das ebenfalls über eine Fahrplanauskunft verfügt, die aber weder so gut und flexibel ist wie Google Maps, noch auf Verspätungen und Ausfälle reagiert wie Öffi. Dafür zeigt sie aber an, welchen Fahrpreis der ÖPNV-Nutzer für die Tour zum Ziel zu zahlen hat. Mit einem Tap kann dann sogar gleich das passende Ticket gekauft und auf das Display gebracht werden. Übrigens: Die Beispieltour kostet nur 3,50 Euro… Um die Regionalbahn zu entern, muss unser App-Artist sein Handyticket nicht vorzeigen. Das verlangt erst der Busfahrer des 639ers. Er wirft einen kurzen Blick auf den komplizierten Code auf dem Smartphone-Display, nickt und sagt: „Iss jut.“ Danach hat alles wie gewünscht geklappt. Aber am Abend hat ihn dann aber doch der Freund mit dem Auto von Groß Glienicke ins Hotel in Berlin-Mitte kutschiert – ganz analog.

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