Die ARD-Tagesschau bastelt eigene Karten auf Basis von OpenStreetMap (Screenshot: ARD)

OpenStreetMap – die Mitmach-Alternative zu Google Maps

Könnte sein, dass der 20. August 2022 ein historischer Tag war. Zum ersten Mal zeigte die Tagesschau in der 20-Uhr-Ausgabe eine OpenStreetMap-Karte als Illustration zu einer Nachricht. Die Karte hat also Geodaten des freien Projekts OpenStreetMap (OSM) als Basis genutzt. Wer regelmäßig Wikipedia nutzt, kennt die aus OSM-Daten erzeugten Karten sowieso, denn die beiden Projekte kooperieren. Nur Ilse und Horst Normaluser, die hängen immer noch bei Google Maps fest. Oder wer voll und ganz im Apple-Kosmos lebt, der nutzt natürlich Apple Maps. Es soll sogar Menschen geben, deren Leib-und-Magen-Kartendienst Bing Maps heißt und von Microsoft kommt.

Nun findet man Landkarten, Stadtpläne, interaktive Maps und so weiter ja milliardenfach im Netz. Basis bilden fast immer sogenannte „Geodaten“. Mit denen werden geografische Gegebenheiten jeder Art beschrieben. In der Frühzeit der Kartographie diente die Vor-Ort-Skizze als Ausgangsmaterial, später ergänzt und korrigiert durch Daten, die bei der geodätischen Vermessungen gewonnen wurden. Heute ist das System der Längen- und Breitengrade das universelle Koordinatensystem, mit dem jeder Punkt auf dem Erdball eindeutig identifizierbar ist. Ein solcher Punkt kann eine Fülle an Eigenschaften haben und zudem mit weiteren Punkten vernetzt sein. Der Weg durch einen Wald stellt sich als Kette von Punkten zwischen dem Start und dem Ziel dar.

OSM-Karte im Browser - analog zu Google Maps (Screenshot)
OSM-Karte im Browser – analog zu Google Maps (Screenshot)

Was man in Form von Daten erfassen kann, lässt sich auch grafisch darstellen. Geodaten werden deshalb in den allermeisten Fällen nach den bekannten und anerkannten Regeln der Kartographie dargestellt. Ein Stadtpark ist in der Datenbank als Kette der Punkte, die seinen Umriss bilden, gespeichert; dieser Sammlung an Einzeldaten wird die Eigenschaft „Stadtpark“ zugeordnet – deshalb wird er in einem Stadtplan eben als grüne Fläche dargestellt.

Nach diesen Prinzipien arbeiten alle digitalen Kartendienste, also die von Google, Apple, Microsoft und eben auch OpenStreetMap. Der Unterschied zwischen den kommerziellen zum freien Projekt besteht darin, dass die Daten bei OSM von Freiwilligen gesammelt, eingepflegt und bei Bedarf bearbeitet werden. Betreiber des Projekts ist die OpenStreetMap-Foundation mit momentan rund 7,8 Millionen Mitgliedern weltweit. Gründer des Projekts war Steve Coast, die Website des Projekts ging 2004 online.

OpenStreetMap in der Android-App OsmAnd (Screenshot)
OpenStreetMap in der Android-App OsmAnd (Screenshot)

Und jetzt kommt der Haken an der guten Sache. Während die von Google gesammelten Geodaten einfach in Google Maps dargestellt werden, können die OSM-Daten auf unterschiedliche Art von und in unterschiedlichen Websites sowie Windows-, Android- und iOS-Apps angezeigt werden. Wie so oft bei Open-Source-Dingern ist es mit der Nutzerfreundlichkeit nicht so einfach. Soll OSM einfach Google Maps im Browser ersetzen, ist openstreetmap.de die beste Wahl. Auf einem Android-Smartphone ist OsmAnd als Ersatz empfehlenswert. Aber: OSM-Geodaten bilden auch die Grundlage für die Wander-App Komoot sowie für mehr als ein Dutzend anderer Apps, die Karten anzeigen. Für OsmAnd gibt es verschiedene Plugins, besonders für Leute, die beim OSM-Projekt mitmachen wollen – dazu gleich mehr. Auf iOS-Maschinen ist Go Map eine gute Lösung.

Verrückte Geo-App: what3words
Der OSM-Gründer Steve Coast hat zwischenzeitlich federführend an einer anderen Geodaten-Lösung gearbeitet. Sie heißt what3words und hat die ganze Welt in Quadrate von drei Metern Kantenlänge eingeteilt. Jedes dieser Quadrate ist durch drei Wörter natürlicher Sprache eindeutig identifizierbar. Der Rheinturm in Düsseldorf heißt bei what3words „darunter.weniger.handschuh“. Das Ganze ist allerdings vollkommen proprietär, und das Geschäftsmodell unklar.

Die OSM-Seite für Mitglieder zum Bearbeiten von Karten (Screenshot)
Die OSM-Seite für Mitglieder zum Bearbeiten von Karten (Screenshot)

Das Besondere ist, dass OpenStreetMap – ganz ähnlich wie Wikipedia – von seinen Mitgliedern gepflegt und erweitert wird. Sicher, auch bei Google Maps kann jedermann:frau Änderungen „beantragen“, allerdings nicht für die eigentlich Geodaten, sondern nur für Markierungen. OSM-Mitmacher:innen aber können jeden Datensatz in der Datenbank editieren. Besonders spannend: Wer eigene Bewegungen per GPS-Tracker aufzeichnen lässt, kann so für die präzisere Ortung von Pfaden, Wegen und Straßen sorgen. Veränderungen, die ja gerade in Städten ständig passieren, können über die OSM-Seite eingetragen werden. Und in bisher nur notdürftig kartierten Gebieten sorgen OSM-Mitglieder für die ständige Verbesserung und Verfeinerung des Kartenmaterials.

Mit der Maptiler Engine kann man tolle Karten, auch auf Basis von OSM-Daten basteln (Screenshot: Maptiler Engine)
Mit der Maptiler Engine kann man tolle Karten, auch auf Basis von OSM-Daten basteln (Screenshot: Maptiler Engine)

Es gab Ansätze, das Prinzip von Google StreetView auf OSM zu übertragen, aber das Projekt ist nie so richtig in die Strümpe gekommen. Dafür aber wird OSM bei Medienmacher aller Art weltweit immer beliebter, weil sich mit passenden Tools (z.B. die Maptiler Engine) aus den OpenStreetMaps ohne große Umstände eigene, auch interaktive Karten machen lassen. Genau das tut die ARD-Tagesschau seit August des Jahres nun regelmäßig.

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