Sensation: Endlich ein Smart Home! Das ganze Haus ist vernetzt!

So viel Smart Home, dass die Technik im Speicher des Hauses untergebracht werden muss? Nein, danke! Aber eine Sensation war es definitiv, was die Telekom vor dreizehn Jahren in Berlin präsentierte: das erste komplett vernetzte Haus. Seitdem hat sich unglaublich viel getan – nicht nur bei der Haussteuerung. Die Hersteller quetschen immer mehr Pixel in TV-Displays, einer schnallt sogar winzige Elektrofahrzeuge direkt an die Füße. Und das nennt die Branche bloß „Evolution statt Revolution“. Warum eigentlich?

Quelle des Aufmacherbildes: YouTube / Digisaurier

Die Antwort: Weil wir uns so sehr an die stetige technische Weiterentwicklung gewöhnt haben, dass Innovationen nur dann als solche erkannt werden, wenn sie den ganz großen Wow!-Effekt liefern. So manches Revolutiönchen hier und da mag uns vielleicht noch ein bisschen zum Staunen bringen, meistens aber nur zum anerkennenden Schmunzeln. Hand aufs Herz: Sie lechzen doch auch geradezu nach dem „nächsten großen Ding“, oder?

Das erste rundum smarte Home stand in Berlin

Das „Ding“, das die Telekom im Jahr 2005 der Öffentlichkeit präsentierte, zählt eindeutig dazu. Wie unglaublich groß, nein, eher gigantisch mag es von der Öffentlichkeit empfunden worden sein: das erste komplett vernetzte Haus! „Im T-Com-Haus werden moderne Anwendungen der Informations-, Telekommunikations- und Unterhaltungstechnologie erlebbar“, schrieb der FOCUS etwas nüchtern. Dabei war es nichts anderes als das intelligenteste Haus der Welt.

Das T-Com-Haus in Berlin 2005. (C) Von Jochen Teufel – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7191282

Vor allem entsprach das T-Com-Haus dem, was wir heute als Smart Home gewöhnt sind: Haussteuerung zentral über PDA und WLAN, Statusabfragen für Heizung und Strom, Infos übers Internet, Musikstreaming, Video on Demand, Online-Videorekorder, Messenger, Sicherheitslösungen wie eine Video-Türklingel und Bewegungsmelder mit Bild-Übertragung, sogenanntes Mood-Management (Stimmungen durch Licht, Klang und Bilder), sogar so was wie eine Dropbox mit Freigabe für andere Nutzer – all das, was heute kein Hexenwerk mehr ist, präsentierte die Telekom in einem extra gebauten Einfamilienhaus in Berlin. Wobei Smartphone und Tablet den PDA abgelöst haben.

Einziger Nachteil: Die Dienste und Geräte mussten noch von zig Rechnern gesteuert werden – die Technik belegte den ganzen Speicher.

Mit dem Würfel namens „Mood Cube“ konnte man das Licht steuern. (C) YouTube / Digisaurier

Eineinhalb Jahre und 18.000 Menschen später (die sich erfolgreich für einen Aufenthalt oder sogar eine Übernachtung im T-Com-Haus beworben hatten) wurde das Experiment abgeschlossen, die Telekom verkaufte das Hightech-Heim und versteigerte das Innenleben für einen guten Zweck.

Übrigens: Digisaurier Christian Spanik war der erste der damals exklusiv für das ZDF Morgenmagazin eine Nacht in dem vernetzten Haus verbringen durfte. Auf dem Youtube Kanal der Digisaurier gibt es sein Video von diesem Aufenthalt. Noch aufgenommen mit einer kleinen Videokamera auf Band ;-)

Smart Home modern = Smart Home kompliziert?

Dreizehn Jahre nach der Eröffnung des Hauses ist die Faszination beim Rückblick aus einem guten Grund so groß: Bis alle diese Lösungen für den Massenmarkt „rundgeschliffen“ waren, brauchte es eben diese Zeit – da ist es fast nicht zu glauben, dass man damals „schon so weit“ war.

Nach dem Rücksprung in die Gegenwart folgt die Ernüchterung: So toll die heutigen smarten Möglichkeiten auch sind, so schwierig und kompliziert scheint deren Kommunikation untereinander zu sein. Was nützt einem – nur mal als Beispiel – das beste smarte Rollo, wenn es nur über die Kommandozentrale des Herstellers bedient werden kann und nicht etwa auch über einen Sprachbefehl, der den smarten Lautsprecher im Bad dazu bewegen soll, das Rollo runterzufahren?

Jetzt, bei Veröffentlichung dieses Beitrags, schreiben wir das Jahr 2018 – und allen Ernstes macht ein Hersteller (der sich immerhin um eine spannende Lösung bemüht hat) Werbung mit der Frage: „Haben Sie jemals darüber nachgedacht, einen zentralen Ort zu besitzen, an dem Sie alle Ihre smarten Geräte und Services einfach miteinander verbinden können?“ Es ist fast traurig, dass es so weit kommen musste…

Endlich „verstehen“ sich alle Mitspieler im Smart Home

Schluss mit dem nostalgischen Jammern, die Lösung heißt „Conrad Connect“ – für uns entdeckt von Digisaurier-Redakteur Hannes Rügheimer auf der IFA.

"Conrad Connect" lässt verschiedene Dienste und Geräte besser miteinander kommunizieren. (C) YouTube / Digisaurier
„Conrad Connect“ lässt verschiedene Dienste und Geräte besser miteinander kommunizieren. (C) YouTube / Digisaurier

Damit alle smarten Geräte und Dienste besser miteinander auskommen, hat Conrad eine Plattform entwickelt, auf der sich „Projekte“ erstellen lassen, die unterschiedliche Befehlsfolgen zu Aktionen zusammenführen (ähnlich dem bekannten Automatisierungs-Dienst IFTTT). Schon über 40 Hersteller sind bei der Plattform dabei.

Mehr als 40 Hersteller von Smart-Home-Lösungen machen schon bei der Plattform mit. (C) YouTube / Digisaurier
Mehr als 40 Hersteller von Smart-Home-Lösungen machen schon bei der Plattform mit. (C) YouTube / Digisaurier

Beispiel: Nach dem Sprachbefehl „Party“ soll automatisch das Rollo runtergefahren, die Beleuchtung gedimmt und Musik abgespielt werden – egal von welchem Gerät und welchen Herstellers auch immer. Zusammengestellt werden die Projekte über einen einfach zu bedienenden Drag&Drop-Editor. Und falls einem die Ideen ausgehen, kann auf Hunderte bereits veröffentlichte Projekte anderer Nutzer zugegriffen und diese importiert werden.

Über Drag & Drop lassen sich automatisierte Aktionen zu „Projekten“ zusammenstellen. (C) YouTube / Digisaurier

IFTTT-Kenner mögen diese Plattform als Evolution bezeichnen, doch für Smart-Home-Fans ist sie nichts weniger als eine kleine Revolution. Und wie sich Hannes Rügheimer auf der IFA überzeugen konnte, macht die Projekte-Erstellung auch noch richtig Spaß.

Gleiten, wirbeln, tanzen oder tricksen – mit smarten Rollschuhen

Noch eine kleine Revolution hat Hannes auf der IFA entdeckt. Ob gleiten, wirbeln, tanzen oder Tricks ausführen – das ist jetzt mit „smarten Rollschuhen“ möglich, die Segway-Ninebot vorgestellt hat.

Die Segway Drift W1 sind Mini-Elektrofahrzeuge für die Füße. (C) YouTube / Digisaurier

„Drift W1“ heißen die zwei E-Skates, die „eine neue trendige Art“ sein sollen, „sich zu bewegen und Spaß zu haben“. Im Grunde sind es Mini-Segways, die an die Füße geschnallt werden: Steigen Sie auf, verbessern Sie Ihre Fähigkeiten und fordern Sie Ihre Freunde heraus.

Die Drifts können eine Geschwindigkeit von bis zu 12 km/h erreichen und sind damit dreimal so schnell wie Gehen. Und mit einem Gesamtgewicht von 7 kg lassen sie sich leicht in einer Tasche oder in der Hand tragen. Der empfohlene Verkaufspreis liegt bei gut 400 Euro.

Vom Sinn und Unsinn von 8K-Fernsehern

8K-Fernsehen ist noch so ein „Ding“, wo man sich fragt: Ist es eher eine Evolution (als Weiterentwicklung von 4K) oder eine kleine Revolution (Bildqualität nahe an der Realität)? Und wie immer kreist über einem Produkt die Frage: Braucht man das wirklich? Eine Frage, die allein dadurch relativiert wird, dass sie auch bei der Vorstellung von 4K gestellt und durch die Akzeptanz der Nutzer schon bald überholt wurde.

Auf einen 8K-Fernseher passen vier Mal so viele Pixel wie auf einen 4K-Fernseher. (C) Samsung

Während hochaufgelöstes Ultra-HDTV (4K) schon perfekt wirkende 8,3 Megapixel an Bildinformationen aufs Display bringt, legt das noch weit höher auflösende Standard Super Hi-Vision (8K) mit sagenhaften 33,2 Megapixel nochmal eine große Schippe obendrauf. Anders gesagt, werden superscharfe Bilder noch schärfer – was aber nur auf großen Bildschirmen zu erkennen ist und nur dann, wenn es auch Inhalte dafür gibt.

Gegenargumente sind jedoch der Trend zu ebendiesen größeren Bildschirmen und die schon seit Jahren geplante Übertragung von Olympia 2020 in Tokio in 8K-Auflösung. Fast immer brachten solche Großereignisse den gewünschten Boom bei Innovationen im Unterhaltungsbereich.

Aber bis dahin ist noch einiges zu tun – von der Produktion der 8K-Inhalte über einen vielleicht kommenden ersten 8K-Sender bis hin zum Equipment, das diese Bilder auch empfangen und übertragen kann (8K-Receiver und HDMI-Kabel mit modernerem Standard).

8K-Fernsehen bringt TV-Bilder noch näher an die Realität heran

Wenn es so weit ist, werden sich „TV-Junkies“ über eine noch realistischere Darstellung freuen können. „Mit 8K kommen wir der naturgetreuen Abbildung der Realität noch einen weiteren Schritt näher“, erklärt Samsung auf seiner Website. „TV-Inhalte werden ein noch lebensechteres Erlebnis bieten.“ Außerdem werde das Bild plastischer, weil mehr Details unserem Gehirn „räumlichen Kontext“ geben.

Noch mehr Details geben dem Gehirn mehr bildlichen Kontext, so dass das Bild plastischer wird. (C) Samsung

Insofern überraschte die vielleicht „verfrühte“ Vorstellung von 8K-Fernsehern einiger Hersteller auf der IFA dann doch nicht so ganz. Erinnern wir uns an 4K: Als die Hardware die nötigen Voraussetzungen bot, folgten schnell die passenden Inhalte.

Wer weiß also, ob wir nicht in dreizehn Jahren über 16K- oder gar 32K-Fernsehen diskutieren und zum Beispiel ganze Zimmerwände längst zu gigantischen Bildschirmen geworden sind. Jeder Schritt dorthin dürfte eine kleine Revolution sein.

Text: René Wagner

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