Skandal auf der CEBIT! Freiheit für die Playstation!

Nur noch wenige Tage bis zur CEBIT18 – da schaffen es so manche Erinnerungen in die Jetztzeit: Wird es wieder passieren? Wird Sony die neue Playstation vorstellen und Microsoft sie rauswerfen lassen? Für 2018 gibt es sicher Entwarnung, aber so mancher Digisaurier mag grinsend an die große Empörung im Jahr 2002 zurückdenken, als genau das passiert ist und viele Playstation-Fans, auch Journalisten, fortan mit „Freedom for Playstation“-Shirts über die Messe liefen. Mehr solcher Rückblicke gefällig? Wir starten eine Zeitreise zu den schönsten Begebenheiten der beiden CEBITs 2001/2002.

Quelle des Aufmacherbildes: YouTube / Digisaurier

Text: René Wagner
Infos: DigisaurierYT-Sendung: Western von gestern

„Wir sind von der heftigen Reaktion dieses Ausstellers überrascht.“

Das sagte damals laut „Financial Times“ ein Sony-Sprecher, und der meinte damit Microsoft Deutschland. Tatsächlich hatten die Münchner bei der Deutschen Messe auf die Richtlinien der CEBIT gepocht und durchgedrückt, dass Sony seine 27 ausgestellten Playstation-2-Konsolen wieder abbauen musste. Spielekonsolen auf einer Business-Messe und Profi-Veranstaltung? Das ging ja gar nicht – nur komischerweise schon zig Mal vorher mit der Playstation 1, und zwar ohne Beanstandung durch Wettbewerber.

Sony-Mitarbeiter mussten 2002 alle Playstation-Konsolen abbauen. (C) YouTube / Digisaurier

Das Ende vom Lied: Gerade weil schon längst auch Spielekonsolen zur digitalen Welt gehörten, ganz abgesehen von der immensen Entwicklung der Grafikfähigkeiten, und weil viele Besucher – von Jung bis Alt – auch wegen der Playstation zur CEBIT gekommen waren, solidarisierte sich gefühlt die gesamte restliche IT-Welt mit Sony und der Playstation, die dadurch noch weitaus mehr Aufmerksamkeit bekam, als es Sony selbst wohl je hätte erreichen können. Dank Microsoft trat die Playstation 2 nun endgültig ihren Siegeszug an.

Freiheit für die Playstation!

Während des Abbaus trugen alle Sony-Mitarbeiter das schwarze Trauer-Shirt mit der Aufschrift „Freedom for Playstation“, auch zahlreiche Journalisten wie Digisaurier-Chef Christian Spanik, damals als Moderator für CHIPtv im Einsatz.

Christian Spanik zeigt das legendäre, mittlerweile verblasste T-Shirt mit der Aufschrift „Freedom for Playstation“. (C) YouTube / Digisaurier

Aus den Sendungen von damals haben wir unsere Rückblicke herausgepickt, die bei jedem Computerfan, der diese Zeiten miterlebt hat, nostalgische Gefühle auslösen dürften. Na, bei welchem der folgenden Themen geht Ihnen nicht das Herz auf?

Ein Handy als Halskette – das erste Wearable?

Bevor man damals überhaupt die Bezeichnung für tragbare Computer kannte, stellte die Designabteilung des Forschungszentrums von IBM eine Studie vor, wie sich Computertechnologie in Alltagsgegenstände wie Modeschmuck integrieren lässt. Diese Halskette mit integriertem Mikrofon in Kombination mit Lautsprecher-Ohrringen ergab nichts weniger als ein Handy! Um es zu bedienen, legte IBM auch noch einen Ring mit integrierter Cursor-Steuerung und ein Armband mit Display für den Empfang von E-Mails dazu.

IBM zeigte damals eine Halskette mit integriertem Handy. (C) YouTube / Digisaurier

Die Idee dahinter war, die Zahl der digitalen Geräte, mit der eine Person herumläuft, zu begrenzen, indem die Dinge des täglichen Gebrauchs umgerüstet werden. Das war sicher kein schlechter Ansatz, aber so richtig durchgesetzt haben sich 17 Jahre später eigentlich nur Smartwatches und Fitnesstracker, oder?

Bluetooth: „Heute eine Halle, morgen die ganze Welt“

Was für eine Sensation im Jahr 2001: Der weltweit größte Feldversuch zur massenhaften Anwendung des Kurzstreckenfunk-Standards Bluetooth findet auf der CEBIT statt. Auf einer Fläche von 25.000 Quadratmetern in Halle 14 wurden 130 Basisstationen an die Decke montiert, über die 200 ausleihbare Pocket-PCs Zugriff auf ein ausgeklügeltes Messe-Navigations- und Informationssystem hatten. Die Devise der Messe lautete: „Heute eine Halle, morgen die ganze Welt“ – keine unrealistische Einschätzung.

Info-System der CEBIT für Bluetooth-fähige PDAs. (C) YouTube / Digisaurier

Interessierte Besucher konnten sich ein Gerät ausleihen und auf diese Weise den kiloschweren Messekatalog mit einem handlichen digitalen Messeführer ersetzen. Außerdem präsentierten allein in der Halle 14 gut drei Dutzend Aussteller ihre Bluetooth-Anwendungen. Und wer noch kein Gerät mit Bluetooth besaß, konnte sich an Datentankstellen über die Infrarot-Schnittstelle mit den gewünschten Informationen versorgen.

Das Messe-Info-System sollte den schweren Messekatalog ersetzen. (C) YouTube / Digisaurier

Übrigens: Ein Jahr später folgte schon der Hype um UMTS – die Besitzer der horrend teuren Lizenzen stellten die Pläne für den Start des neuen Mobilfunkstandards vor. Noch mehr ins Schmunzeln gerät man bei den Ankündigungen der Netzbetreiber, noch 2002 „das so genannte Multimedia Messaging (MMS)“ anzubieten, mit dem „Kurznachrichten auf dem Handy zusammen mit Bildern oder Melodien“ verschickt werden (wobei sich der Verfasser dieser Zeilen durch Nichtwissen outen muss: echt jetzt, Melodien über MMS gehen auch?). Und E-Plus kündigte vollmundig die Revolution des Handy-Internets durch den damals in Japan beliebten Dienst „i-mode“ an – auch so eine nette Idee, die die Zeit nicht überdauert hat.

PDAs – gefühlt lief jeder damit herum, oder?

Wann tritt eine Technologie dermaßen in den Hintergrund und verschwindet so sehr in der Vergangenheit, dass der Begriff nicht mehr maßgeblich ist? Die Antwort: Wenn er von anderen Bedeutungen abgelöst wird. Klar, die Abkürzung PDA steht für „Personal Digital Assistant“, doch sucht man danach bei Google, schlägt einem die Suchmaschine zuerst die kommunistische „Partei der Arbeit“ in der Schweiz vor.

PDAs waren damals der letzte Schrei. (C) YouTube / Digisaurier

Die kleinen tragbaren Computer mit Touchscreen, die hauptsächlich für Kalender-, Adress- und Aufgaben-Verwaltung benutzt wurden, waren 2001/2002 längst State of the Art, wurden aber durch den Siegeszug der iPhones nur noch bis 2010 gebaut. Dabei gingen viele Experten damals davon aus, dass Organizer das „nächste große Ding“ werden könnten.

Übrigens bot der Betriebssystem-Hersteller Palmtop zur CEBIT schon zum fünften Mal einen eigenen digitalen Gratis-Messekatalog an – für PDAs mit PalmOS. Witzig ist hier der Hinweis, dass sich der installierte Katalog zwar direkt per Infrarot auf ein anderes PalmOS-Gerät übertragen ließ, dies aber „bei einer Dateigröße von 400 KByte einige Zeit dauerte“.

WAP und Webclipping – die Vorläufer des mobilen Internets

Diese beiden Standards waren damals ebenfalls groß in Mode – hatte man sich doch Gedanken gemacht, wie Informationen aus dem Internet, die über langsame Mobilfunkverbindungen ins Handy oder den PDA tröpfeln, so aufbereitet werden, dass nur wenig Daten übertragen werden müssen. Das Wireless Application Protocol (WAP) ermöglichte es, optimierte Webseiten zu gestalten, die sich besonders für Handys mit kleineren Displays eigneten. Dagegen extrahierten Webclipping-Anwendungen (WCA) die wichtigsten Informationen einer Webseite und schickten sie auf einen Internet-fähigen PDA.

Vor allem WAP gilt daher ein klein wenig als Vorläufer des mobilen Internets. Das Problem war nur: Es gab fast keine Handys, die WAP unterstützten, so wie etwa das Nokia 7110. Unter Journalisten kursierte schnell eine andere Bedeutung der Abkürzung: „Where are the phones?“

Speicherkarten – die Kapazitäten „explodieren“

CHIPtv berichtet von der damaligen CEBIT:

„Chipkarten, nicht viel größer als eine Briefmarke, machen die Organizer beliebig erweiterbar. Durch Einschieben der Karte explodiert das Speichervolumen auf bis zu 64 Megabyte und damit auch die Funktionalität. Digitalfotos, Videos und Spiele sind unterwegs verfügbar.“

Immer mehr Speicherkarten kamen auf den Markt. (C) YouTube / Digisaurier

Einfach herrlich, so ein Rückblick: „Das Speichervolumen explodiert“ – auf sagenhafte 64 MB, nicht etwa GB. Mehr als 200 Hersteller weltweit setzten auf die SD-Card, dagegen hielt Sony noch etwas länger mit dem Memory-Stick.

„Doch die Slots der Organizer lassen sich nicht nur zum Speicher ausbauen, sondern auch mit GPS-Antennen oder Digitalkameras erweitern. In Zukunft könnten die Organizer durch die neuen Module zur zentralen Steuerung für alle Lebenssituationen eingesetzt werden.“

Das lassen wir jetzt einfach mal so stehen. ;-)

Der CyPorter – der Online-Reporter auf der CEBIT

Der CyPorter Axel Mengewein. (C) YouTube / Digisaurier

Alles andere als im Stillstand befand sich der rasende Online-Reporter des ZDF: Axel Mengewein, genannt „CyPorter“. Per Inliner oder mit dem Einrad auf dem CEBIT-Gelände unterwegs, berichtete er mit Hilfe eines umgeschnallten tragbaren Computers live über die Neuheiten der Messe. Der PC bestand aus Computer, Kamera, Headset und Mini-Display und erlaubte es, Audio/Video, Bilder und Texte aufzunehmen und zu übertragen.

Leider kann man dem CyPorter keine E-Mail mehr schicken. (C) zdf.de

Bei unserer Netzrecherche fanden wir auch noch einen alten Link: Die ZDF-Zuschauer konnten dem CyPorter tatsächlich eine E-Mail mit Fragen schicken, die er dann live beantwortete – heute ganz selbstverständlich, zum Beispiel in unseren Digisaurier-Livesendungen mit Christian Spanik. An dem E-Mail-Link zum CyPorter ist die Zeit jedoch ebenfalls nicht spurlos vorübergegangen, wie man im Screenshot sehen kann.

20 Jahre Internet – von 1996 bis 2016

Dafür funktioniert noch ein gelungenes Web-Special des ZDF, das anlässlich des 20-jährigen Internet-Jubiläums 2016 ins Netz gestellt wurde und dem wir das Prädikat „sehr sehenswert“ vergeben. Multimedial schön aufbereitet, sind hier viele weitere Meilensteine der „digitalen Vergangenheit“ zu erleben. Wir wünschen viel Spaß auf dieser Zeitreise.

Und wer die Sendung selbst sehen will in der all das gezeigt wurde: am besten hier beim Digisaurier-Youtube Kanal gucken und gleich abonnieren ;-)

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