Das Projekt "PEPP-PT" erarbeitet die Grundlagen für die Corona-Tracking-Apps

Smartphone-Tracking: Böses Ding oder hilfreiches Feature?

Im April des Seuchenjahres 2020 wird über eine Methode diskutiert, mit der Menschen feststellen können, ob sie einem mit dem Corona-Virus Infizierten begegnet sind und sich in Quarantäne begeben sollten. Geplant und zumindest von den technischen Grundlagen gedeckt, arbeiten weltweit verschiedene Arbeitsgruppen an der Entwicklung entsprechender Apps. Nachdem in der Bundesrepublik Deutschland die Datenschützer empört aufstanden, hat man sich gegen die Anwendung des Smartphone-Trackings und für ein auf der Bluetooth-Technologie basierendes Verfahren verständigt. Dabei kam aber wieder die seit Jahren schwelende Debatte über das GPS-Tracking aufs Tapet.

Im Jahr 2007 hatte Google mit wenig Zinnober verlautbart, dass nun das Standort-Tracking in der Maps-Anwendung freigeschaltet sei. Nun könne jeder Anwender seinen Standort, also auch seine Bewegungen, einer Anzahl ausgewählter Kontakte über einen einstellbaren Zeitraum hinweg sichtbar machen. Im Grund gab Google damit zu, dass das Unternehmen schon länger in der Lage war, Bewegungsprofile von Usern zu erstellen und möglicherweise zu speichern.

Schon länger ist bekannt, dass autokratische Staaten, allen voran die Volksrepublik China, aber auch der Stadtstaat Singapur bereits GPS-Tracking-Systeme einsetzen, die jeden Weg eines jeden Bürgers, der ein entsprechendes Smartphone besitzt, verfolgen können. Dies natürlich im Sinne der Überwachung. Die Fürsprecher solcher fragwürdiger Methoden pochen darauf, dass sich so die Kriminalität eindämmen ließe, vergessen aber, dass in nicht-demokratischen Staaten schon das oppositionelle Denken und Handeln als Verbrechen gilt.

Standortfreigabe - Tracking in Google Maps freiwillig freischalten
Standortfreigabe – Tracking in Google Maps freiwillig freischalten
Im Grunde ist es jenseits von Google Maps und chinesischer Totalüberwachung ziemlich simpel, Personen mit Android- oder iOS-Smartphones zu orten; vorausgesetzt, im Gerät ist ein GPS-Modul untergebracht und aktiviert. Denn die Aufgabe eines solchen Moduls ist es ja gerade, den Aufenthaltsort einer Person festzustellen. Darüber hinaus funktioniert die gute, alte Handyortung durch Abgleich der angesprochenen Funkzellen auch immer noch. Nicht vergessen: Die Standortortung ist Grundlage jeder Form von Navigationsfunktionalität.

Dass die freiwillige Preisgabe des eigenen Standortes lebensrettend sein kann, belegt die folgende Geschichte. Ein Mann von Ende Fünfzig, der an einer Herzkrankheit leidet, hatte sich angewöhnt, die entsprechende Google-Maps-Angabe für seine Frau und seine beiden erwachsenen Kinder freizugeben, sobald er das Haus verließ. Als er eines Tages mit seinem Hund in den Wälder nahe seines Wohnortes unterwegs war, kam es zu einem Aussetzen der Herzfunktion. Der Mann war zusammengebrochen und dann einen steilen Hang hinabgerollt. Der Anfall löste eine tiefe Bewusstlosigkeit aus. Nur eine fachgerechte Notarzthilfe innerhalb von maximal 90 Minuten hätte ihm das Leben retten können.

Seine Gattin hatte sich angewöhnt, in regelmäßigen Abständen auf Maps nachzusehen, wo sich ihr Mann befand. Als sie feststellte, dass sich seine Position mitten im bergigen Wald über 20 Minuten nicht änderte, benachrichtigte sie die Feuerwehr und konnte sogar die exakte Position melden. Innerhalb von weiteren 25 Minute traf der Notarzt beim Patienten ein, der Mann konnte gerettet werden. Standort-Tracking kann – so angewendet – eine sehr nützliche Funktion sein.

Ganz anderes Thema: Die „Corona-Datenspende“-App des RKI
Nachdem sich IT-Experten in die Diskussion um die sogenannte „Covid-19-App“ eingeschaltet haben, wird deutlich, dass ein Tracking allein mit der Bluetooth-Technologie einen schwachen Kompromiss zwischen dem angestrebten Nutzen und den Ansprüchen an den Datenschutz darstellt. Denn BT erlaubt es nicht, den Abstand zwischen den verbundenen Geräte festzustellen, und die App könnte also auch anschlagen, wenn ein Nutzer beispielsweise im Abstand von vier, fünf Metern an einem Infizierten vorübergeht. Das sähe bei einem echten Standort-Tracking anders aus, weil dort Annäherungen bis auf weniger als einen Meter messbar sind und zudem erfasst werden kann, wie lange sich die beiden Personen begegnet sind.

Wie gesagt: Standort-Tracking und Bewegungsprofile sind in den Händen von Diktatoren und Autokraten ein fürchterliches Mittel, oppositionelle Kräfte zu ermitteln und letztlich auszuschalten. Freiwillig eingesetzt wie bei der Nutzung der Google-Maps-Funktion kann Tracking jedoch ausgesprochen nützlich, ja lebensrettend sein. Und im Zusammenhang mit der Kontaktwarnung in der Corona-Krise wäre ein Standort-Tracking per GPS in jedem Fall die Technologie, die deutlich zuverlässigere Ergebnisse erzeugt.

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