Sieht witzig aus, ist aber ernstgemeint...

Veteranen der Computerei – rettet die Ehre von Bill Gates!

Als ein gewisser Ken Jebsen, den man ungestraft einen Antisemiten nennen darf und der schon zur Zeiten der Flüchtlingskrise mit seinen teils absurden, teils einfach nur widerlichen Positionen und Äußerungen auf YouTube verhaltensauffällig war, dieser Tage ein 30-minütiges Video veröffentlichte, auf dem er eine Verschwörungstheorie rund um die Corona-Pandemie und Bill Gates verbreitete, war ich anfangs eher amüsiert, dann aber schockiert. Eine Person, die ich mag und schätze, schickte mir den Link mit dem Hinweis: „Schau dir das mal an. Das ist ein intelligenter Mensch mit einer interessanten Sichtweise.“ Mittlerweile haben sich fast vier Millionen dieses Machwerk angesehen, das nur so von Lügen, Fehlern und haarsträubenden Vorstellungen wimmelt. Dass es ausgerechnet Bill Gates und seine Frau Melinda trifft, ist in einem Maße unanständig, dass es unter den Veteranen der Computerei einen Aufstand der Anständigen geben sollte.

Nun haben wir alle in den vergangenen 40 Jahren mal auf die eine oder andere Weise unter Microsoft leiden müssen und gern Bill Gates dafür verantwortlich gemacht. Bei Licht besehen kann man William Henry Gates III nur vorwerfen, dass er zwischenzeitlich ernsthafte Monopolvorstellungen gepflegt und versucht hat in die Realität umzusetzen. Aber, wir wissen, dass dies im Kapitalismus in gewissen Märkten so üblich ist. Immer wieder haben sich Leute, die den guten Bill nie auch nur aus hundert Metern Entfernung kennengelernt haben, mit den übelsten Absichten an ihm abgearbeitet. Selbst seitdem er keine Rolle mehr im MS-Konzern spielt, also Rentner ist, hört das nicht auf.

Die Reichsten der Welt

Natürlich zählen Bill und Melinda Gates nicht nur zu den Reichsten der Welt, sondern führen die Forbes-Liste immer mal wieder an. Nun meint ja Otto Normalverbraucher gern, ein Superreicher habe zwei, drei, vier oder Milliarden Dollar auf der Bank und könne sich deshalb alles kaufen. US-Filme und James-Bond-Streifen drehen sich gern um superreiche Bösewichte, die – aus welchem Grund auch immer – die ganze Menschheit unterjochen wollen. Und das nehmen weniger intelligente Menschen dann für die Wahrheit oder denken „Mmmh, da ist bestimmt ein bisschen was dran.“ Okay, bei solchen Personen wie der bisweilen recht durchgeknallt operierende Elon Musk oder der geheimnisvolle Jeff Bezos kann man mit ungezügelter Phantasie drauf kommen, aber bei Bill?

Das Ding mit den Megavermögen ist ja, dass diese in aller Regel zu 99,99 Prozent aus Aktien, Wertpapieren und Beteiligungen bestehen, die man meistens nicht mal so eben zu konsumierbarem Geld machen kann. Oder wie es Warren Buffet mal ausdrückte: „Ab fünf Millionen ist es egal wie viel Sie haben, das können sie im Leben nicht für sich und ihre Familie ausgeben.“ Vermutlich hängen jedoch einfach gestricktere Gemüter dem Glauben an, die Ultrareichen wären alle wie Dagobert Duck, hätten gewaltige Geld- und Goldspeicher und nichts anderes im Sinn als immer reicher zu werden und noch reicher und noch reicher.

Bill ist nicht Dagobert Duck

Wäre Bill ein Dagobert, es wäre ihm nicht schwergefallen, seinen märchenhaften Reichtum unendlich zu vermehren. Aber stattdessen, und seine Gattin Melinda hat dabei eine gewichtige Rolle gespielt, hat er den Entschluss gefasst, den allergrößten Teil seines Vermögens in eine Stiftung zu packen, deren Aufgabe seit 1999 die weltweite Verbesserung der Gesundheitsversorgung und Bekämpfung von extremer Armut, sowie die Ermöglichung des Zugangs zu Bildung und Informationstechnologie. Aktuell ist die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung mit Einlagen von knapp 46,8 Milliarden US-Dollar die größte private Stiftung der Welt. Um es klar zu sagen: Der allergrößte Teil der Einlage besteht aus dem, was die Gates aus ihrem Privatvermögen in die Stiftung übertragen haben. Oder simpel ausgedrückt: Die haben ihre Kohle verschenkt, damit weniger Menschen an Krankheiten und Seuchen oder am Hunger krepieren.

Nicht dass Bill und Melinda jetzt am Hungertuch nagen täten; sie zählen immer noch zu den Superreichen. Aber das könnte sich ändern, denn sie haben a) angekündigt, noch mehr Privatvermögen in die Stiftung zu schieben (angeblich bis zu 99,9 Prozent) und relativ kleine Vermögen (es wurde von je 10 Millionen Dollar gemunkelt) an ihre Kinder zu vererben. Dieses Versprechen wird man verfolgen müssen.

Rettet seine Ehre!

Was mich persönlich regelrecht wütend macht, ist ausgerechnet auf Bill Gates zu zielen. Ich bin ihm zwischen 1984 und 1996 ein paar Mal begegnet, 1987 während der Comdex in Las Vegas sogar rein privat (Wer gerieten am Rande einer Veranstaltung in eine Diskussion über amerikanische und deutsche Biersorten). Mein Eindruck war nie es mit einem diabolischen, machthungrigen Bösewicht à la Bond-Film zu tun zu haben. Andere, die ihn viel besser kennen, sagen, Melinda habe aus einem nicht sehr sozialkompatiblen Nerd erst diese verantwortungsvoll handelndende Persönlichkeit gemacht, die der gute Bill heute ist. Und weil Bill Gates und sein Wirken bei Microsoft für uns Veteranen der Computerei so oder so ein Teil unseres Lebens ist, rufe ich dazu auf, seine Ehre zu retten und allen Verschwörungstheotikern laut zu widersprechen.

Übrigens: Netflix bietet eine dreiteilige Doku-Serie unter dem Titel „Der Mensch Bill Gates“ an, die ein spannendes Porträt, fernab von PR, vom Microsoft-Gründer zeichnet und jede Menge nachweisbare Fakten liefert.

3 Gedanken zu „Veteranen der Computerei – rettet die Ehre von Bill Gates!“

  1. Bill Gates hat eine sehr interessante persönliche Entwicklung durchgemacht, vom Liberalkonservativen zum liberalen Demokraten. In seinen frühen Jahren galt er als Anhänger der Republikaner, während Steve Ballmer immer ambivalent beide großen Parteien unterstützte.
    In den letzten Jahren hat Bill sehr offen die Demokraten unterstützt, ganz im Gegensatz zum Beispiel zu Oracle-Chef Larry Ellison, der ein eingefleischter Republikaner ist. Gates‘ soziales Engagement mit seiner Stiftung entspricht seiner moralischen Überzeugung und seine Hinwendung zu den Demokraten hat etwas mit seiner globalen und antiisolationistischen Grundhaltung zu tun. Je stärker die politische Rechte in den USA auf ein „America First“ setzte, desto mehr musste sich Gates von ihr abwenden. Bill ist ein Kind der Aufklärung, Nicht umsonst ist daVinci sein großes Vorbild. Die Alu-Hut-Träger aber sind in ihrem Herzen eine rechte Bewegung. Deshalb eignet sich Bill hervorragend als Feindbild. Nicht Bills Geld mach ihn zum Feind der Verschwörungstheoretiker, sondern seine Moralvorstellungen und sein Weltbürgertum.

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