Manche nennen das Hashtag-Symbol auch "Lattenzaun"...

Was zur #Hölle… bewirken #Hashtags wirklich?

Eine Legende geht so, dass #Twitter den #Hashtag erfunden habe. Bei einer anderen Mär wird der #OpenSource-Vorreiter Chris Messina #chrismessina als Erfinder genannt. In Wahrheit stammt das manchmal #Lattenzaun genannte Symbol (das offiziell auf Deutsch „Doppelkreuz“ heißt) aus dem #Chatprogramm IRC, wo es als Bezeichner für Kanalnamen benutzt wurde. Der Mikrobloggingservice Twitter aber war es, der dem #Gatter eine neue, bis heute in den sozialen Medien gültige Funktion gegeben hat. Anwender, die nicht so ganz tief drinstecken, fragen sich manchmal, ob das Verhashtaggen von Nachrichten überhaupt etwas bringt. Und wenn ja, was.

Nicht selten findet man in letzter Zeit Postings auf Instagram, deren Bildunterschrift aus einer wüsten Aneinanderreihung von Hashtags besteht, die es beinahe unmöglich macht, diese zu lesen. Meistens stammen solche Beiträge von Leuten, die das Wesen dieser im Prinzip nützlichen Einrichtung nicht richtig verstanden haben. Aber, beginnen wir einmal in den Frühzeiten von Twitter, nämlich so um 2007 herum. Nach dem Start dieses Dienstes beschränkte sich der Kreis der User auf einige Tausend Nerds in den USA, vor allem Veteranen der goldenen Usenet-Tagen, die sich auf alles stürzten, was neu war. Einer davon war der damals schon recht populäre Blogger Chris Messina.

Ist Chris Messina #chrismessina wirklich Erfinder des #Hashtag? (Foto: Wikimedia, siehe Bildnachweise unten)
Ist Chris Messina #chrismessina wirklich Erfinder des #Hashtag? (Foto: Wikimedia, siehe Bildnachweise unten)

Der wollte im August 2007 Interessierte zu einem sogenannten #Barcamp per Twitter einladen und hatte die Idee, seinem Einladungs-Tweet ein universelles Schlagwort, einen sogenannten #Metatag, beizufügen, damit sich die Nachricht rasch und einfach verbreiten würde. Also setzte er folgenden Tweet ab:

How do you feel about using # (pound) for groups. As in #barcamp [msg]?

Die Twitter-Mannschaft lehnte den Vorschlag mit der Begründung ab, das sei nur etwas für Nerds, aber nichts für Otto Normaluser, den man schließlich in Scharen auf Twitter locken wolle. Tatsächlich aber begannen die frühen Twitterer einfach damit, solche Hashtags einzubauen, während andere gezielt nach diesen suchten – begonnen hat das Ganze mit #sandiegofire bei Beiträgen zu den Waldbränden rund um diese kalifornische Stadt. Schließlich übernahm Twitter das Prinzip nach demselben Muster wie die Verwendung des @Klammeraffen für die Nutzernamen. Erst seit Anfang 2008 erscheinen Hashtags unterlegt wie Links, die man anklicken kann, um alle Tweet mit diesem Hashtag zu sehen.

Damit waren längst nicht alle Twitter-Fans einverstanden, wie eine Debatte zeigt, die dem Hashtag gar den raschen Tod prophezeite. Und zwar, weil das simple Suchen nach Wortketten oder Abkürzungen wesentlich bessere Ergebnisse liefere als die Suche nach Hashtags. Daraufhin änderte Twitter klammheimlich die eingebauten Suchalgorithmen, und der Hashtag war wieder King.

So werden Hashtags heute in Tweets verwendet (eigener Screenshot)
So werden Hashtags heute in Tweets verwendet (eigener Screenshot)

Als 2010 der Bildverteildienst #Instagram eröffnete, hatten die Entwickler die Hashtag-Methode gleich integriert, und die rasant wachsende Zahl der Instagrammer machte von Beginn an reichlich Gebrauch davon. Die Idee der frühen Influencer auf Instagram war, sich per Hashtag sozusagen Begriffe zu pachten, die dann – weil ihre Bildchen dank häufiger Verwendung dieser selbsterfunden Hashtags in Suchen prominent erscheinen – quasi ihr Eigentum würden.

Oder wie Online-Marketers sagen: Die zu ihrem Branding beitragen. Die Mega-Influencerin Kim Kardashian war eine der Ersten, die dieses Prinzip betrieb. Und übrigens eine der Ersten, die bei ihren Grams aus Protest gegen Hass im Netz für einen Tag auf Hashtags verzichtete.

Heutzutage gang und gäbe: Ein Hashtag als Bezeichner für eine Kampagne (eigener Screenshot)
Heutzutage gang und gäbe: Ein Hashtag als Bezeichner für eine Kampagne (eigener Screenshot)

Bis etwa 2016 wurden Hashtags vor allem als Branding-Methode benutzt und um Tweets und Grams rund um ein Event zusammenzufassen – beispielsweise bei der legendären Netzkonferenz re:publica, die seit 2007alljährlich in Berlin stattfindet. Hier werden schon im Vorfeld eine Reihe von Hashtags beginnend mit dem Kürzel „rp“ (zum Beispiel #rpCampus) festgelegt, unter denen Teilnehmer und Interessenten relevante Infos finden oder Online-Debatten führen können.

Immer schon hatte es auch Versuche gegeben, Kampagnen durch gezieltes Streuen von Hashtags auf Twitter zu initiieren, aber erst das legendäre #MeToo rund um den ekligen sexuellen Massenmißbrauch des Harvey Weinstein erreichte dieses Ziel. Vor allem weil prominente Frauen aus der Unterhaltungsbranche, die allesamt Opfer des miesen Typen geworden waren, diesen Hashtag benutzten und Aktivistinnen in aller Welt ihn in kurzer Zeit flächendeckend verwendeten, setzte sich #MeToo nicht nur als Hashtag durch, sondern wurde über Twitter hinaus zum Namen der Kampagne.

Fazit

Ja, was denn nun? Sollen wir jetzt Hashtags benutzen oder nicht? Die Frage ist nicht ganz leicht zu beantworten, wobei ein Teil der Antwort im bisher Geschriebenen zu finden ist. Wer – in welchem Umfang und für welche Zielgruppe auch immer – in den sozialen Medien Influencer*in werden will, MUSS eigene Hashtags als Markenzeichen verwenden, sonst wird das nichts. Wer eine Veranstaltung – welcher Art und welchen Umfangs auch immer – für Interessenten transparent machen will, MUSS ein, zwei, drei Hashtags erfinden und in den sozialen Medien (und auch außerhalb, übrigens…) massiv nutzen.

Wer aktiver Twitterer oder Instagrammer (auf Facebook sind Hashtags nicht so wichtig) ist und sich an wichtige Trends dranhängen will, MUSS die Hashtags dieser Trends in seinen Retweets oder eigenen Tweets zu Thema verwenden. Wer sich in begrenzten Fachgebieten an den Online-Debatten auf Twitter beteiligen und gehört werden will, MUSS die Hashtags der entsprechenden Themen kennen und verwenden.

Schließlich: Wer Instagram vor allem nutzt, um eigene Fotos (also eher künstlerisch gemeinte oder solche, die andere beeindrucken sollen) zu verbreiten, kann auf Hashtags ganz gut verzichten, besonders, wenn er*sie für jedes Bildchen gleich eine ganze Serie mehr oder weniger passender Hashtags erfindet. So bringt der Hashtag #sonnenuntergang wenig, weil geneigte User auch mit dem einfachen Suchwort „Sonnenuntergang“ (ohne Lattenzaun) entsprechende Fotos finden – es sei denn, jemand habe eine Kampagne namens #ZeigDeinenSonnenuntergang gestartet und viele Menschen wären darauf eingestiegen. Was uns nebenbei lehrt, dass die Formulierung von Hashtags wichtig dafür ist, wie populär sie werden.

[Bildnachweis – Chris Messina: Nirzar via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 4.0;]

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