So präsentiert sich Arttifact im Playdtore (Screenshot)

Was zur Hölle… brauche ich wirklich die Artifact-App?

Um die Frage in der Überschrift gleich zu beantworten: Nein, ich brauche die Artifact-App nicht. Und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es allzu viele Anwender:innen gibt, die sie brauchen. Wobei die Betonung auf „brauchen“ liegt, denn diese App tut nichts anderes als auf die (angeblichen) Bedürfnisse von User:innen zugeschnittene Medienartikel zu sammeln und zu präsentieren. Das können andere Anwendungen schon lange.

So wählt man die Themengebiete aus (Screenshot)
So wählt man die Themengebiete aus (Screenshot)
So wählt man die Themengebiete aus (Screenshot)[/caption]Dabei sind die Versprechungen der Entwickler ziemlich groß. Es handelt sich um Kevin Systrom und Mike Krieger, die 2010 die Social-Media-Plattform Instagram an den Start brachten und 2012 für eine Milliarde Dollar an Mark Zuckerberg verkauften. Bis 2018 blieben die Gründer Chefs von Instagram, dann zogen sie sich zurück, um an neuen Ideen zu arbeiten. Zuvor hatte es heftige Meinungsverschiedenheiten mit Facebook gegeben, und Zuckerbergs Konzern setzte gleich nach dem Ausscheiden der beiden all die Veränderungen an Instagram um, die Systrom und Krieger nicht hatten haben wollen.

Wir wissen heute, wozu das führte – nämlich dazu, dass Instagram für einige zur führenden Social-Media-Plattform noch vor Facebook, YouTube und TikTok wurde. Die Gründer selbst waren durch den Verkauf und durch Facebook-Aktienoptionen, die Teil des ursprünglichen Deals waren, richtig reich. Man schätzt, dass Systrom inzwischen gut 1,5 Milliarden Dollar schwer ist.

So wird geteilt und gespeichert (Screenshot)
So wird geteilt und gespeichert (Screenshot)
Ob der Anstoß zur Entwicklung von Artifact von diesen Herren kam oder ob sie die Idee von weniger bekannten Entwicklern kauften, ist unklar. Mutig ist die Sache sowieso. Denn wer wirklich stündlich News in Form von Überschriften seriöser Medien sucht, verwendet wohl jetzt schon Google News oder Apple News. An deren Marktmacht sind schon gut ein halbes Dutzend vergleichbarer Apps gescheitert. Also muss Artifact etwas Besonderes liefern, um Nachrichtenkonsument:innen zu überzeugen.

So sieht die gegliederte Auswahl an Artikeln aus (Screenshot)
So sieht die gegliederte Auswahl an Artikeln aus (Screenshot)
Das Prinzip: User:innen entscheiden sich für ein oder mehrere Sachgebiete und (optional) gewünschte Medien, und Artifact liefert nun einen Strom an Überschriften von passenden Artikeln. Wie diese gewichtet werden und in welcher Reihenfolge sie kommen, ist unklar. Angeblich greift hier ein schlauer Algorithmus: Wie viele andere Artifact-Nutzer:innen haben eine Meldung gelesen, gespeichert oder geteilt? Stammt sie von Medien, von denen die User:innen viele andere Texte lesen? Wie viele Medien haben über das Thema berichtet?

Man kann also einen Artikel, der übrigens innerhalb von Artifact angezeigt wird, speichern – so wie in Pocket – und teilen. Außerdem kann man auf einen nach unten gerichteten Daumen klicken und damit zeigen, dass man den Beitrag nicht mochte. Dieses Verhalten wird ausgewertet und fließt in die zukünftige Auswahl ein. Die Artifact-Macher nehmen dabei den Modebegriff „künstliche Intelligenz“ in Anspruch und behaupten, die präsentierte Auswahl an News werde so immer mehr auf die Anforderungen der:des jeweiligen Nutzer:in angepasst. Nun ja, ob das schon unter KI laufen sollte, ist fraglich.

Das gilt auch für den Abschnitt „Headlines“, in dem unabhängig von den Einstellungen Artikel ausgeliefert werden, die nach gewissen – nicht transparenten – Kriterien besonders heiß sind. Das kennen wir von Twitters „most trending“ her.

Aktuell ist Artifact gerade dem Beta-Stadium entschlüpft und berücksichtigt nur englischsprachige, vor allem us-amerikanische Quellen, wobei deren Auswahl außerhalb der gewählten Themengebiete nicht transparent ist. Selbst wenn aber auch die deutsche Medienlandschaft ausgewertet wird, fragt sich, ob Artifact je mehr sein wird als ein Spielzeug für absolute News-Junkies.

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