Ein BASIC-Programm mit PEEK und POKE auf einer CBM 3016 (Foto: © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)

60 Jahre BASIC: Geliebt, verflucht und fast vergessen

Ein befreundeter Mensch, der sich damals noch Programmierer nannte, später dann Kodierknecht und noch später Softwareentwickler und in den frühen Achtzigern flüssig in Maschinensprache Konversion betreiben konnte und mit dem Assembler herumspielte wie andere mit Lego: „BASIC ist nichts anderes als eine GOTO-Verschwörung.“ Seine nicht ganz ernst gemeinte Theorie war, dass John Kemeny, Thomas Kurtz und Mary Kenneth Keller am Dartmouth College eine Programmiersprache entwickelten mit dem Ziel, möglichst undurchdringlichen Code zu erzeugen. Also erdachten sie die GOTO-Anweisung, mit deren Hilfe Programmiermessis nicht mehr nachvollziehbare Sprünge in einem Programm zu erzielen.

Ist natürlich alles Quatsch. Tatsächlich liefen am 1. Mai 1964 nachmittags um vier Uhr die ersten beiden BASIC-Programme simultan auf dem Dartmouth Time-Sharing System (DTSS). Damit war BASIC offiziell geboren, eine Programmiersprache, durch die sich die Art und Weise, wie Menschen mit Computern interagierten, grundlegend verändern sollte. BASIC steht für „Beginner’s All-purpose Symbolic Instruction Code“ und wurde mit dem klaren Ziel entwickelt, auch Laien das Programmieren zugänglich zu machen.

Wobei mit Laien damals in den Jahren 1963 und 1964 am legendären Dartmouth College Studenten ohne tiefergehende Kenntnisse in Mathematik und/oder Computerwissenschaften beziehungsweise Informatik gemeint waren, die zwar die für damalige Verhältnisse herausragende Computerinfrastruktur der Bildungseinrichtung nutzen konnten, aber in der Regel daran scheiterten, die Dinosaurier der Kodierung wie Algol oder Fortran zu erlernen. Und ohne Programmierung ließen sich die Elektronenhirne jener Jahre nicht nutzen.

Kleinkind sitzt an einem alten 8-Bit-Computer und drückt einen Joystick-Knopf
Ein simples Basic-Programm macht meiner Tochter Spaß. Denn der Joystick macht „Tröööt“.

Treibende Kraft für diesen Ansatz war Sister Mary. Ja, Mary Kenneth Keller (*1913 +1985) war nämlich katholische Ordensschwester und gleichzeitig eine der ersten Frauen, die in den USA im Bereich der Informatik promovierten. Über die gut 20 Jahre ihrer lehrenden Tätigkeit investierte sie viel Kraft daran, das Programmieren zu demokratisieren und vor allem Frauen an diese Arbeit heranzuführen. Die Entwicklung von BASIC war allerdings ihrer Projekte, für die sie bekannt wurde. Große Anerkennung fanden ihre Arbeiten im Bereich der elektronischen Mustererkennung – eine wichtige Vorstufe der Künstlichen Intelligenz.

Auch Kemeny und Kurtz waren in dieser Hinsicht Missionare, denn sie waren es, die dafür sorgten, dass BASIC in der vom Dartmouth College entwickelten und über die Jahre verbesserten Version für Schulen und andere Bildungseinrichtungen kostenlos war. Ihr Gedanke war es, auf diesem Wege die nächsten Generationen an den Computer heranzuführen und für das Programmieren zu begeistern. Deshalb sollte BASIC wirklich leicht zu erlernen sein und trotzdem das Kodieren halbwegs mächtiger Programme zu ermöglichen.

Frabk Ostrowski: Turbo-Basic als "Listing des Monats"
Frabk Ostrowski: Turbo-Basic als „Listing des Monats“

BASIC nutzt einfache Befehle und eine klare Syntax, die es auch Anfängern ermöglichte, schnell Ergebnisse zu erzielen. Zu den grundlegenden Befehlen gehörten einfache mathematische Operationen, Eingabe- und Ausgabeoperationen sowie Kontrollstrukturen wie Schleifen und bedingte Anweisungen. Wichtig war den Erfinder:innen, dass die Befehle möglichst nah an der normalen englischen Sprache benannt wurden – daher die Anweisung GOTO, die eben bedeutet, dass das Programm zu einer bestimmten Zeile gehen soll. Und dadurch, dass die Programmzeilen nummeriert waren, diese Nummerierung aber nach Lust und Laune vergeben werden konnte, funktionierte diese Sprungbefehle auch einfach.

Und weil in BASIC so klar und deutlich zu formulieren war, ließ sich in Textdateien gespeicherter Code auch ganz einfach lesen … und abtippen. In den Siebziger- und Achtzigerjahren erlebte BASIC einen enormen Aufschwung, befeuert durch die Verfügbarkeit und rasche Verbreitung von vergleichsweise preiswerten Mikrocomputern. Viele frühe Heimcomputer, wie der Apple II, Commodore 64 und die TRS-80, wurden mit einem BASIC-Interpretern ausgeliefert, die es den Benutzern ermöglichten, sofort mit dem Programmieren zu beginnen. Dies leichte und schnelle Zugang zum Programmieren trug maßgeblich zur Popularität und Verbreitung von Computern in Privathaushalten und Schulen bei.

Die Entwicklungsumgebung von Visual Basic für MS-DOS
Die Entwicklungsumgebung von Visual Basic für MS-DOS

Professionellen Programmieren war BASIC lange Zeit ein Dorn im Auge. Nicht zu Unrecht bemängelten sie, dass die Sprache ziemliche miese Programmiergewohnheiten förderte, wie eben die extensive Verwendung von GOTO-Anweisungen, die zu schwer lesbarem und wartbarem Code führte. Allerdings entwickelte sich BASIC Jahr für Jahr weiter. So erweiterten und verbesserten Varianten wie Microsoft BASIC, QBASIC und Visual Basic die Sprache, und das von Frank Ostrowski für den Atari ST entwickelte GFA-BASIC wurde gar zum Lieblingswerkzeug von Softwareentwicklern für diesen Homecomputer. Visual Basic, von Microsoft im Jahr 1991 eingeführt, war dann ein bedeutender Schritt in der Evolution von BASIC. Diese Version kam mit einer grafischen Entwicklungsumgebung und brachte objektorientierte Programmierkonzepte mit sich, was die Erstellung von Anwendungen für Windows erheblich vereinfachte.

Seien wir ehrlich: Inzwischen ist BASIC außerhalb der Fachwelt fast vergessen. Was natürlich auch daran liegt, dass nur noch ein winziger Bruchteil der Menge der Computeruser:innen noch selbst programmiert. Und wer mit mehr oder weniger Ehrgeiz noch eigene Anwendungen beziehungsweise Apps entwickeln möchte, greift zu den diversen Frameworks und Entwicklungsumgebungen, bei deren Nutzung man mit Code kaum noch in Berührung kommt. Wer aber in den goldenen Jahren der Homecomputerei im Do-it-Yourself-Verfahren und natürlich mit BASIC am C64, Atari XL, TRS-80, Sinclair ZX-80, Apple II oder oder oder eigene Programme geschnitzt hat, der wird diese immer noch leicht zu erlernende Programmiersprache weiter hochhalten.

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