Der Sinclair ZX81 - der Computer, der am TV hing

Sinclair ZX81 – der erste wahre Volkscomputer

Nein, nicht der Commodore VC20 oder der C64 waren die ersten Computer für die Massen – es war dieses lächerliche Plastikkästchen mit der schlimmen Folientastatur, das sich ein verrückter Professor in England ausgedacht hatte. Der hieß Clive Sinclair und über den sagt die englischsprachige Wikipedia, er sei „entrepreneur and inventor“ gewesen, also Unternehmer und Erfinder. Aus heutiger Sicht kann man ergänzen: lausiger Unternehmer und genialer Erfinder. Alle seine Erfindungen waren geboren aus seinem zwanghaften Ausdenken, Basteln und Tüfteln – alles selbst ohne entsprechende Schul- und Hochschulbildung erarbeitet. Der Höhepunkt seines unermüdlichen, sich über gut 40 Jahre erstreckendes Erfinden: der ZX81, einer der ersten Homecomputer überhaupt.

Angefangen hatte Sir Clive – er wurde 1983 von Queen Elizabeth in den Adelsstand erhoben – als Radiobastler. Irgendwann gründete er eine Firma und brachte Hifi-Gerätschaften auf einen Markt, der ihn nicht wirklich akzeptierte. Dann hielt er einen der ersten elektronischen Taschenrechner in den Händen. Der war groß, schwer und teuer. Und wenn Mr. Sinclair eins nicht leiden konnte, dann war es, wenn Geräte groß, schwer und teuer waren. Seine Firma hieß Sinclair Radionics, und die brachte 1972 mit dem Executive einen Taschenrechner raus, der kleiner, leichter und vor allem viel billiger war als die Konkurrenz.

Ein Armbandradio von Sinclair (via planet-sinclair.co.uk)
Ein Armbandradio von Sinclair (via planet-sinclair.co.uk)

Wie fast immer im Sinclair-Imperium mangelte es am Vertrieb, und so revolutionierte der Executive den Markt nicht und machte seinen Erfinder nicht reich. Stattdessen entwickelte er höchstpersönlich einen – wir ahnen es – kleinen, leichten und günstigen Multimeter. Und der ging gut. So gut, dass die Company Geld verdiente, das Clive in Erfindungen investierte. Zum Beispiel in die allererste Digitaluhr der Welt. Die Black Watch zeigte die Zeit mit rotglühenden Sieben-Segment-Ziffern an und wurde … ein Flop.

Aber Britannia lässt ihre Helden nicht so einfach fallen. 1976 kaufte die staatliche Wirtschaftsförderungsbehörde NEB wider jede Vernunft 43 Prozent von Sinclair Radionics. Das spülte so viel Geld in die Kassen der klammen Company, dass Clive Sinclair weiter tüfteln und erfinden konnte. Zum Beispiel einen Taschenfernseher namens Microvision TV1A, der … kein Geschäftserfolg wurde.

Werbeanzeige für die legendäre Black Watch (via planet-sinclair.co.uk)
Werbeanzeige für die legendäre Black Watch (via planet-sinclair.co.uk)

Clive, der auch äußerlich immer mehr an einen verrückten Professor im Film erinnerte, war in Gedanken ohnehin ganz woanders. Er war im Rausch des Mikroprozessors. Dazu muss man verstehen, dass Sinclair ein Fanatiker der Miniaturisierung war, ja, ein Fanatiker. Mit der Tatsache, dass Anfang, Mitte der Siebzigerjahre Computer entweder ganze Räume füllten und mindestens so groß waren wie ein Kühlschrank, wollte er sich nicht abfinden. Und im Gegensatz zu Steven Wozniak und Steve Jobs von Apple ging es ihm noch nicht einmal so sehr um die Popularisierung des Computers. Er hat später einmal gestanden, dass ihn persönlich Computer nicht sonderlich interessierten und dass er selbst zum Ausdenken, Erfinden und Entwickeln bis in die Neunzigerjahre hinein keinen persönlichen Computer benutzte.

Titelblatt des ZX80-Manuals (via planet-sinclair.co.uk)
Titelblatt des ZX80-Manuals (via planet-sinclair.co.uk)

Es ging ihm Ende der Siebzigerjahre nur darum, einen Computer mit moderner CPU zu bauen, der – wir ahnen es erneut – kleiner, leichter und billiger sein sollte. Da gab es zuerst einen Bausatz mit Z80-CPU, der kaum eine Stückzahl im dreistelligen Bereich erreichte, dann eine Auftragsarbeit, von deren Schicksal so gut wie nichts bekannt ist, und dann den ZX80. Auch den hatte er (inzwischen im Team) nicht im Hinblick auf maximalen Benutzernutzen entwickeln lassen, sondern um die besonderen Möglichkeiten des Zilog-Z80-Prozessors bis zur Schmerzgrenze auszuloten. Das Ding war hässlich, es hatte Probleme mit den Schnittstellen, und es verkaufte sich ausschließlich im Vereinigten Königreich – wenn auch nicht besonders gut.

Mittlerweile aber hatte der spätere Sir Clive ungefähr ein Drittel aller fähigen IT-Ingenieur:innen Großbritanniens um sich geschart, die ihn auf das Gleis in Richtung Homecomputer brachten, die ihm also beibogen, was die Menschen da draußen von einem solchen Elektronenrechner für zuhause erwarteten. Dies gepaart mit dem unbedingten Willen, Geräte immer kleiner, leichter und preiswerter zu machen brachte den ZX81 zustande, den ersten wahren Volkscomputer.

Das war drin im ZX81-Karton (via planet-sinclair.co.uk)
Das war drin im ZX81-Karton (via planet-sinclair.co.uk)

Und weil zur Firma Sinclair Research, so der neue Name seit dem Einstieg des NEB, nun auch gelernte Vertriebler:innen zählten, die vorab den Markt und die Vertriebswege sondierten, wurde diese kleine, schwarze Kiste exakt auf die Erwartungen der potenziellen Nutzer:innen hin entwickelt. Dass der ZX81 in UK aus dem Stand zu einem Verkaufserfolg wurde, wundert nicht, denn dieser Computer made in Britain kostete anfangs etwas mehr als 50 englische Pfund Sterling und damit knapp ein Viertel von dem, was Commodore für den VC20 aufrief.

In den meisten Aspekten ähnelte der ZX81 diesem VC20 mehr als beispielsweise einem Tandy TRS80, der übrigens in Großbritannien das Zehnfache kostete. Denn auch Sinclairs Maschinchen speicherte seine Daten auf Musikkassetten, auch beim ZX81 war das Betriebssystem ein BASIC. Aber in Sachen Simplizität ging Sinclair einen Schritt weiter: als Bildschirm ging jeder Fernseher mit Antenneneingang. Okay, das Bild war je nach TV-Gerät kaum lesbar, aber wer mit einem ZX81 in die Computerei einsteigen wollte, der war – den Besitz eines Kassettenrekorders und eines kleinen Fernsehers vorausgesetzt – mit rund 200 D-Mark dabei. Kurz nach der Markteinführung im Herbst 1981 wurde VOBIS exklusiver Vertriebspartner für Deutschland, und nach einem halben Jahr kostete der ZX81 dort noch 99 Markt, und einen Bausatz gab es für schlappe 79 Euro.

Und so sah der Bausatz aus (via planet-sinclair.co.uk)
Und so sah der Bausatz aus (via planet-sinclair.co.uk)

Mutig und arm wie ich als Student war, wagte ich mich an den Bausatz, bei dem das Bauen darin bestand, die Platine unfallfrei ins Gehäuse zu bekommen und – wenn ich mich recht erinnere – die Ausgangsbuchsen an ebendieses Motherboard zu löten. Ob die Verbindung zur Tastatur gesteckt oder gelötet werden musste, weiß ich nicht mehr. Nun noch den Deckel zu, und, voilà, 20 Mark gespart. Fernseher und Rekorder angeschlossen, Kassette eingelegt. Computerchen und TV eingeschaltet. Der/die/das Prompt blinkt. Einen Befehl aus dem Handbuch eingetippt. Und, schwupps, konnte ein Programm vom Band geladen und gestartet werden. Mein erstes Programm war eines, das meinen Biorhythmus errechnen und darstellen konnte. Ich war beeindruckt.

Nun beruhte meine persönliche Motivation, einen eigenen Computer besitzen und nutzen zu wollen, auf einem aus dem Amerikanischen übersetzen Büchlein, in dem der Autor von den Möglichkeiten der Textverarbeitung schwärmte. Und, na ja, dafür eignete sich der ZX81 nicht wirklich. Ich spielte ein paar Monate mit der Kiste herum, ich kaufte Speichererweiterungen und Programmkassetten und programmierte ein bisschen sinnloses Zeug in BASIC. Dann brachte mich ein glücklicher Zufall zu Data Becker, und um ein Buch für den Verlag zu schreiben, erhielt ich eine komplette C64-Ausrüstung als Dauerleihgabe. Der ZX81 verstaubte in einem Karton und ging bei irgendeinem Umzug verloren.

Sir Clive Sinclair (Foto: BBC)
Sir Clive Sinclair (Foto: BBC)

Als ich dann Chefredakteur der Data Welt wurde, lernte ich Clive Sinclair 1986 auf der Messe „Which Computer“ in Birmingham persönlich kennen, also noch bevor er seine Firma an Amstrad verkauft hatte. Wir haben uns sehr nett unterhalten: ein lustiger, aufgeschlossener Mensch, der von Ideen nur so sprühte. Er erzählte von seinem neusten Projekt, dem Z88, den er 1987 auf den Markt brachte. Das sollte ein tragbarer Computer mit achtzeiligem Display und integrierter Office-Software sein, der von vier AA-Batterien gespeist werden sollte. Das Brett kam 1987 als Cambridge Computer Z88 auf den Markt, und ich kaufte es SOFORT.

Da war ich aber längst bei IBM-kompatiblen Rechner und Microsoft Word gelandet. Den Z88 nutzte ich unterwegs zum Schreiben; leider war es nicht ganz einfach, die so verfassten Texte in den PC zu kriegen. Irgendwie ging es jedoch immer. Deshalb war diese geniale Erfindung des lausigen Unternehmers Clive Sinclair bei mir fast zehn Jahre lang in Betrieb.

[Bildnachweis: die meisten Fotos stammen von der Website „Planet Sinclair„, wo sie leider nur in wenigen Fällen mit Copyright-Angaben veröffentlicht wurden.]

2 Gedanken zu „Sinclair ZX81 – der erste wahre Volkscomputer“

  1. Der ZX 81 hatte keine Radiergummi-Tastatur, das war der ZX Spectrum. Der ZX 81 hatte eine noch schlechtere Folientastatur.

    Oben ist auch noch ein Typo: „C 63“ ;-)

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