Apple IIc - einer der schicksten Computer, nicht nur seiner Zeit (Foto via Wikimedia - siehe Bildnachweis unten)

Alle meine Computer – Phase 1 (1982 – 1985)

Aus heutiger Sicht waren die Achtzigerjahre des „vergangenen Jahrhunderts“ die heißeste Phase der ganzen Computergeschichte. Weil wir ein Teil davon waren. Über die Historie der elektronischen Datenverarbeitung machten wir uns wenig Gedanken. Wir wollten aktiv sein. Und das hieß: Natürlich mit möglichst vielen Kisten persönliche Erfahrungen zu machen. Ein alter Freund, der damals der TRS-80-Fraktion angehörte, brachte mich drauf: Die Liste der Homecomputer und PCs, die man besessen und/oder genutzt hat, sagt viel über diese glorreiche Zeit und die eigene Digitalerfahrung aus. Deshalb hier die dreiteilige Serie über alle MEINE Computer. In der Hoffnung, dass viele, viele Menschen, die damals auch dabei waren, ihre Geschichte hier in den Kommentaren erzählen.

Natürlich gab es Leute, die noch früher und noch tiefer ins Thema einstiegen. Dr. Achim Becker, Mitgründer von DATA BECKER, der Schlagersänger und Moderator Chris Howland und ein weiterer Promi, der seinen Namen im Zusammenhang mit Computern nicht mehr lesen möchte, zählten dazu. Becker wusste zu berichten, dass man sich regelmäßig am Brüsseler Flughafen traf, weil man nur dort bestimmte US-amerikanische Computerzeitschriften bekam. Wir reden von den späten 70ern und den frühen 80ern. Da war man in den USA schon beim Apple II als Konsumerprodukt und den PET-Modelle von Commodore für kleine und mittlere Unternehmen – während Computer jenseits von Großrechnern in Deutschland noch Neuland waren.

Das ehemalige Gebäude von Data Becker in Düsseldorf-Bilk (abgerissen 2015)
Das ehemalige Gebäude von Data Becker in Düsseldorf-Bilk (abgerissen 2015)

1982: Sinclair ZX81 – Kistchen an Fernseher und Kassettenrekorder

Mein persönlicher Zugang zum Computer begann mit dem Widerstand gegen die allwissenden Maschinen, natürlich stark gespeist durch Orwells Roman „1984“ und über Jahre getrieben durch tiefgehende Unkenntnis der Materie. Und weil es meine Methode als Journalist war (und ist), mir Themen, mit denen ich mich nicht auskannte, lesend zu erschließen, kaufte ich mir irgendwann früh im Jahr 1982 meine erste Ausgabe der Computerzeitschrift CHIP. Ich verstand vorwiegend Bahnhof, stieß aber auf einen Artikel über Textverarbeitung und dadurch auf ein aus dem Amerikanischen übersetzten Taschenbuch, in dem ein Schriftsteller massiv für den Computer als die Schreibmaschine der neuen Zeit schwärmte. Es musste also ein Computer ins Haus. Und weil das Budget für einen jungen Studenten minimal war, fiel die Wahl auf den Sinclair ZX81. Viel lieber hätte ich natürlich einen Commodore VC20 gehabt, oder – einen substanziellen Lottogewinn vorausgesetzt – einen Apple II.

Der Sinclair ZX81 - der Computer, der am TV hing
Der Sinclair ZX81 – der Computer, der am TV hing (Foto: privat)

So aber war ich mit einem Sonderangebot des einzigen erreichbaren Computerladens – die VOBIS-Filiale in einem Wohnhaus im Düsseldorfer Stadtteil Mörsenbroich – dabei. Da bekam ich das schmucklose schwarze Kistchen für schlappe 89 D-Mark. Hört sich wenig ab, war aber bei einem gesicherten BAFÖG-Einkommen von 220 DM doch recht viel. Ein geschnorrter, abgelegter Schwarzweißfernseher war ebenso vorhanden wie ein Philips-Kassettenrekorder. Außerdem hatte ich gleich eine Kassette erworben, auf der angeblich ein in Sinclair-BASIC geschriebenes Biorhythmus-Programm gespeichert war. Es kostete mich zwei Wochenenden, dieses Progrämmchen ans Laufen zu bringen… Aus britischen Schul(!)büchern lernte ich das komische Ding selbst zu programmieren, und das erste „Hallo Welt“ machte mich furchtbar stolz. Ich hatte Blut geleckt und erkannt, dass mich der Sinclair ZX81 nicht weiterbringen würde.

1983: Commodore 64 mit allem Zipp und Zapp

Nun war der Commodore 64 schon auf dem Markt, und ich schlich um die Schaufenster vom Kaufhof (der schon 1982 eine ernstzunehmende Computerabteilung eingerichtet hatte) und später auch von DATA BECKER herum und kalkulierte, wann ich mir diese Traummaschine würde leisten können. Es lief auf das Ende des nächsten Studentenjobs im Frühjahr 1983 hinaus. Aber, unverhofft kommt oft, heißt es. Aus dem Computerladen DATA BECKER sollte ein Verlag werden. Also setzte Dr. Becker eine Anzeige in den Hauskatalog namens DATA WELT, indem er nach „Computerfreaks“ suchte, die sich in der Lage sahen, Fachbücher zu schreiben. Ich meldete mich mit dem Gegenentwurf: „Suchen Sie doch eher nach Leuten, die schreiben können und Lust auf das Thema Homecomputer haben.“ Man lud mich ein, und nach einem interessanten Gespräch fragte Dr. Becker zum Abschluss: „Und was können wir nun zusammen machen?“ Mein Vorschlag, ganz spontan und ohne tiefes Nachdenken: „Wollen Sie nicht aus der DATA WELT eine richtige Computerzeitschrift machen?“

Der Original Brotkasten - ein Commodore C64
Der Original Brotkasten – ein Commodore C64

Der Chef dieses Pionierunternehmen fand das gut und setzte nach: „Und ein Buchprojekt?“ Kurz und gut: Ich bekam den Auftrag das „Ideenbuch zum Commodore 64“ zu verzapfen. Damit ich diese Aufgabe rein technisch bewältigen konnte, schickte mich Dr. Becker in den Laden zu einem gewissen Ralf Wimmershoff, und der sollte mir eine C64-Ausrüstung mit allem Zipp und Zapp zusammenstellen, die ich leihweise zur Verfügung haben sollte. So kam ich an meinen ersten 64er und einen Epson-Drucker. Und weil der legendäre TEXTOMAT auch gerade halbwegs funktionsfähig war, nahm ich das Programm auch gleich mit. Innerhalb von nur acht Wochen arbeitete ich mich in die Materie ein, lernte BASIC und entwickelte 24 Ideen für Menschen, die sich diesen ersten Homecomputer für die Massen gekauft hatten, aber nicht so recht wussten, was man damit machen konnte.

1984: Commodore SX64 und Commodore 8032 – einer für zuhause, einer für den Job

In der „Redaktion“, die aus mir als Chefredakteur und den beiden Grafik-Designer*innen Cäcilia Jordan und Matthias Ziert bestand, leistete anfangs auch bloß ein C64 an einem Epson-Nadeldrucker treue Dienste. Mein Job war vor allem, den „Freaks“ im Hause – von den genialen Erfindern Brückmann, Gerrits, Englisch bis zu den „Computerkids“ Jörg Schieb, Michael Tischer, Wolfgang Schellenberger und einigen anderen, die dort ihre Lehre machten – interessante Artikel abzuringen. Besser: Mich von denen auf den Stand der Technik zu bringen und den Input in lesbare, für Otto Normal-64er-User verständliche Beiträge umzumünzen. Dazu gab’s Tests der neuesten Hardware und natürlich Listings zum Abtippen. Die DATA WELT erschien nun alle drei Monate im Stile einer echten Computerzeitschrift.

Commodore SX-&4: Nur echt mit 5-Zoll-Bildschirm (Foto via Wikimedia, siehe Bildnachweis unten)
Commodore SX-&4: Nur echt mit 5-Zoll-Bildschirm (Foto via Wikimedia, siehe Bildnachweis unten)

Für zuhause leistete ich mir im Frühjahr einen der allerersten SX-64 in Deutschland, also die „tragbare“ Version des C64 mit eingebautem Diskettenlaufwerk und dem lächerlichen 5-Zoll-Bildschirm, dazu dann einen Monitor – welcher Typ von welchem Hersteller, habe ich vergessen. Highlight der Ausrüstung war dann der 9-Nadeldrucker Epson LX-80, dasselbe Modell, das wir auch in der Redaktion benutzten. Layoutet wurde die DATA WELT damals noch im Klebeumbruch. Also druckte ich die Texte in der gewünschten Breite in langen Fahnen aus, die Ceci und Matthias dann in die Umbruchbögen klebten. Computerspiele waren und sind nicht so meins, aber als „Little Computer People“ herauskam, war ich sofort begeistert und fütterte und pflegte den kleinen Kerl namens Derek mit Hingabe. Übrigens: Bei den ersten Versionen auf Diskette, sah jeder Hauptdarsteller ein bisschen anders aus und hieß auch anders.

Data Welt 2/86
Als man GEM und Windows noch in Vergleichstests schickte
Wider Erwarten oder ganz meinen Erwartungen und denen von Dr. Achim Becker entsprechend wurde die DATA WELT nach nur drei Ausgaben ein Verkaufshit am Kiosk; wir stellten auf zweimonatliches Erscheinen (ab Herbst 1984 dann auf monatliches) um, und ich bekam freie Hand, die Sache zu professionalisieren und Redakteur*innen einzustellen. Außerdem bezogen wir eigene Räume – wie im Verlag üblich auf ehemaligen Verkaufsflächen von Auto Becker, die sich vor allem durch einen weißen Kachelboden auszeichneten. Einzug hielt zudem ein „richtiger“ Computer, ein 8032 von Commodore, für den es ein „richtiges“ Textverarbeitungsprogramm gab.

1985: Apple IIc und Apple Macintosh – endlich mal was Schickes

In dem Maße, in dem sich die DATA WELT etablierte, wuchs das Interesse der Hersteller und die Bereitschaft uns Testgeräte und -versionen zur Verfügung zu stellen. Die neusten Homecomputer – vom TRS-80 über die Atari- und Sinclair-Kästen bis zu den längst vergessenen MSX-Maschinchen – kamen ins Haus und mussten auf Herz und Nieren geprüft werden. Für den IBM-PC interessierten wir uns weniger. Meine Überlegung, mir diese zukunftsweisende Technologie privat anzuschaffen, scheiterte am Preis: Ein System, mit dem ordentliches Arbeiten möglich gewesen wäre, hätte weit über 20.000 DM gekostet, und der „billige“ Commodore PC-10 war noch nicht geboren. Dafür aber entstand ein über viele Jahre beständiger guter Kontakt zur hiesigen Apple-Pressesprecherin.

Der erste Macintosh von 1984
Der erste Macintosh von 1984 (Foto: Apple Inc.)

Weil der „tragbare“ Apple IIc, auf den ich scharf war, sich hierzulande nicht verkaufte, bekam ich von ihr diesen traumhaft schönen Computer samt Bildschirm tatsächlich als Leihgerät. Viel schärfer war ich seit dem Januar 1984 aber auf den Macintosh. Mit der Zukunft der persönlichen Computerei hatte ich mich da schon intensiv beschäftigt und auf den Messen, allen voran der CeBIT, die bis 1985 ja noch Teil der Hannoveraner Industriemesse war, eine ganze Reihe der prominentesten Technikköpfe der Branche kennengelernt. Der Mastermind bei Commodore, Shiraz Shivji (der wenig später den Atari ST „erfand“) war sogar mehrfach im Hause DATA BECKER zu Gast, aber die Gespräche mit Koryphäen wie Chuck Peddle, Mitch Kapor und anderen Computerhelden hatten mir klargemacht: Die Zukunft gehörte der grafischen Benutzeroberfläche. Und der Apple Macintosh, da war ich mir sicher, wäre der erste Computer, der ganz und gar auf dieses Konzept zugeschnitten wäre.

Als Mitte 1984 abzusehen war, ab wann der Apple Macintosh (mit sagenhaften 128 KB RAM…) auch in Deutschland zu haben sein würde, bekniete ich die Apple-Pressesprecherin dafür zu sorgen, dass ich einen der ersten im Lande würde käuflich erwerben können. Im Januar 1985, ich werden den Tag nie vergessen, konnte ich dann meinen persönlichen Mac beim Düsseldorfer Apple-Händler Kleinofen in Empfang nehmen. Eine Liebesgeschichte begann, in deren Verlauf insgesamt drei Würfel, ein vollausgestattetes Mac-II-System sowie drei Powerbook-Modelle bei mir ein Zuhause fanden. Ja, ein Mac war immer mindestens doppelt so teuer wie ein vergleichbarer andere Computer, aber eben in jeder Hinsicht stylish. Aber im Verlauf des Jahres 1985 gab es zwei einschneidende Entwicklungen in der Homecomputer-Branche: Die Ära der IBM-kompatiblen begann, und der Atari ST kam auf den Markt. Dazu mehr in der nächsten Folge dieser Mini-Serie…

[Bildnachweis – Titelbild: allaboutapple.com via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 2.5 IT; SX-64: Hedning via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 3.0]

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