Last Updated on 10.03.2025 by Redaktion Digisaurier
[Hier geht’s zum ersten Teil der kleinen Weltgeschichte der Ohr- und Kopfhörer.] Auch wenn bei der Entwicklung der ersten Hifi-Stereo-Kopfhörer im Vordergrund gestanden haben mag, die Musik möglichst nah am Hirn zu präsentieren, so zeigt die Darstellung in Filmen und auf Fotos in den späten Sechziger- und frühen Siebzigerjahren, dass Kopfhörer schon auch als Mittel der individuellen Abschottung eingesetzt wurden; also zum Ausblenden der bösen akustischen Welt da draußen. Wieder aufgegriffen haben das Thema erst vor wenigen Jahren Hörakustiker. Die Idee war, Kopf- oder auch Ohrhörer nicht dazu zu verwenden, Musik an den Mann bzw. die Frau zu bringen, sondern unerwünschte Geräusche auszusperren, sodass eine beinahe lautlose Entspannung möglich wird.
Akustische Selbstisolierung
Heute ist man – Digitalisierung sei Dank! – mehrere Schritte weiter. Übrigens: das englische Wort „noise“ steht nicht nur für „Krach“, sondern in seiner Grundbedeutung eher für den deutschen Begriff „rauschen“. Und das bedeutet, dass wir heute nicht mehr nur von „noise reduction“ sprechen, sondern „noise cancelling“. Soll sagen: Krach wird ausgesperrt. Das ist mit der bewährten Filtertechnik so nicht möglich, sondern bedarf a) einer kontinuierlichen Messung der Umgebungsgeräusche und b) ausgefuchster Algorithmen, die mit passenden Interferenzen Störgeräusche überlagern und so aktiv ausblenden.
Die Bügel des Grauens
Von „noise reduction“ oder gar „noise cancelling“ durften die frühen Adapter der tragbaren Musik neuerer Zeitrechnung nicht einmal träumen. Zum legendären Walkman gehörte ein spindeldürren Bügelkopfhörer mit Schaumstoff-On-Ear-Puscheln, die sich irgendwann selbst zerlegten und sich in den Ohren der Hörern ablagerten. Aus Hifi-Sicht stellten die Billigdinger kein Problem dar, weil ja das Gedudel von der Kassette ohnehin nur auf dem Niveau altbackener Kofferradios spielte.
So richtig in Richtung Musikgenuss unterwegs ging die Post aber erst mit dem ebenfalls legendären Discman ab. Nun gab’s CD-Qualität auf die Ohren, und blieb bei den ollen Bügel-Schaumstoff-Dingern bauartbedingt auf der Strecke. Für die Kopfhörerkünstler der Hifi-Industrie wurde diese Entwicklung zum Segen, weil sich ein ganz neues Geschäftsfeld öffnet; das für leichte Headphones oberster Soundqualität. Für diese Teile konnte man gut und gern mehr Kohle aufrufen als für die Highend-Headphones an der heimischen Anlage.
Endlich abgekabelt!
Kein digitales Wesen liebt Kabel, so viel ist sicher. Immer wenn eine Technologie uns von dem einen oder anderen Kabel befreite, war die Freude bei den Anwendern groß. Auch das fing sehr früh an: mit dem schnurlosen Telefon und dem DECT-Standard. Als Anfang der Nullerjahre Wireless Lan (Wlan) marktreif wurde, aber auch als es dank UMTS möglich wurde, das Laptop ohne Draht mit dem Netz zu verbinden, stürzten sich die Kabelhasser auf die Sache. Da ging die wunderbare Bluetooth-Erfindung beinahe unter. Ja, es soll Digitalauguren gegeben haben, die dem Blauzahn-Ding keine Chance gaben, weil man ja im ganzen Land flächendecken UMTS-Masten und Wlan-Hotspots aufbauen könne.
Auch wenn die Dinger immer noch aussehen, wie abgesägte Zahnbürstenköpfe, ähnlich wie beim iPod, beim iPhone und auch beim iPad prägte dieses Produkt vor, wie drahtlose Ohrhörer zu funktionieren haben. Weil sich im Digitalen die Geschichte oft wiederholt, gab es anfangs nur mehr oder meist weniger gelungene Klones der AirPods, die ihre Nische nur fanden, weil der Apple-Kram wieder einmal astronomisch teuer war. Das konnten chinesische Elektronikschmieden deutlich billiger. Es dauerte sage-und-schreibe VIER volle Jahre, bis sich anerkannte Spieler im Hifi-Markt es Themas annahmen und die Zahnbürsten vom Kopf auf die Füße stellten. Inzwischen mischt sogar Microsoft mit (dieser Link ist leider nicht mehr verfügbar)…
Und weiter…
Außerdem: Potenzial liegt nicht nur bei der weiteren Miniaturisierung von Ohrstöpseln und der Verbesserung der Soundqualität, sondern beispielsweise bei der weiteren Digitalisierung von Tönen schon bei der Aufnahme sowie dem verlustfreien Transport bis in die Ohrmuschel. Bis dahin aber bilden die wahnwitzigen Gamer-Headsets einerseits und die winzigen, rauschunterdrückenden und kabellosen Ohrhörer à la Apple AirPods die Krone der akustischen Evolution.
Danke für diesen tollen Blog. War sehr informativ für mich.