Ich finde Pokémon Go ist ein ganz großer Wurf: Ein einfaches Spielprinzip, hohe Motivation und man kommt an die frische Luft. Toll! Doch es gibt einen Haken.
Das Konzept hinter Pokémon Go ist einfach. Niedliche Monster einsammeln, trainieren und in Arenen gegen andere Monster antreten lassen. Der Clou: Die Taschenmonster müssen draußen eingefangen werden. Auf Straßen, Wegen und in Höfen. Zusätzlich gibt es Pokestops. Das sind Stationen, an denen jeder Spieler seine Vorräte auffüllen kann. Das Ganze ist erst einmal gratis. Wer schneller vorankommen will, kann ein paar Euro in die Ausrüstung investieren.
Ich finde das Spielprinzip fantastisch. Warum? Hier sind sieben Gründe:
1. Es ist einfach
Das Spielkonzept ist in wenigen Sätzen erklärt. Jeder kann sofort loslegen und sein erstes Monster fangen. Sogar die Kämpfe in den Arenen sind simpel. In der Regel gewinnt das stärkere Monster.
2. Man kommt raus
Ok, ich bin ohnehin viel draußen. Gassi mit den Hunden und regelmäßig joggen. Und doch gehe ich eine Extra-Tour in den Nachbarort, einen Mittagsimbiss holen. Habe ich jahrelang nicht mehr gemacht. Klar ist der Imbiss eine Ausrede. Denn auf dem Weg liegen drei Pokestops, in der Nähe des Metzgers sind zwei weitere. Warum also nicht ein paar Meter extra gehen und die Pokestops absammeln?
Zum dritten oder vierten Mal in 12 Jahren zu Fuß zum Metzger im Nachbarort. Imbiss holen. Außerdem 4 Caches, ein Hornilu, ein Sternilu.
— Martin Goldmann (@mgoldmann) 14. Juli 2016
3. Pokémon inspiriert
Ob nun Fotos von ungewöhnlichen Orten, an denen man Pokémon findet oder eigene Film-Kreationen. Ich bin mit dem Spiel auf ein paar schräge Gedanken gekommen. Das macht Spaß.
4. Pokémon Go ist ein Reiseführer
Der Nachbarort liegt nur fünf Minuten zu Fuß weg von mir. Doch erst mit der Pokémon App stoße ich auf die kleinen Sehenswürdigkeiten im Ort, für die ich bislang keinen Blick hatte. Zum Beispiel diese Infotafel, die über die Geschichte des Ortes erzählt.
5. Pokémon Go ist die Killer App für Mixed Reality
Pokémon Go bedeutet einen gigantischen Anschub für das Mischen virtueller und realer Spielinhalte. Es ist eine Killer App – so wie es die Tabellenkalkulation Visicalc einst für die Personal Computer war.
Jetzt ist die Zeit reif, dass Mixed Reality aus der Tech-Ecke herauskommt. Und ja, Ingress war früher da und hat die Grundlagen geschaffen. Doch Pokémon Go erst öffnet den Zugang. Es ist einfach, leicht zu verstehen und niedlich.
6. Pokémon Go bringt Menschen zusammen
Ich laufe durch die Stadt. Mir entgegen kommt eine junge Frau auf dem Rad und lächelt mich an. Es ist dieses wissende Lächeln. Ich sehe das Smartphone in ihrer Hand, nicke ihr zu, lächele zurück und gehe meines Weges. Überall in der Stadt sehe ich Spieler, die gemeinsam spielen.
7. Es wird noch viel kommen
Ich glaube, Pokémon Go ist nur der Anfang. Das Spiel selbst wird sich weiter entwickeln und das Genre auch. Es gäbe jede Menge Ansätze, das Gameplay weiter zu bringen. Wie wäre es mit Quests zum Sammeln bestimmter Monsterkombinationen oder mit der Möglichkeit Pokémon zu tauschen? Da kommt bestimmt noch was.
Und das Genre? Man stelle sich nur vor, es gäbe ein MMORPG – also ein Online Rollenspiel mit vielen Teilnehmern – in der Mixed Reality. Da treffen sich dann Gruppen, um gemeinsam einem Monster im Park den Garaus zu machen. Oder Wirtschaftssimulationen, in denen jeder Ressourcen sammelt und kauft oder verkauft.
Pokémon Go ist ein Türöffner für zig tolle Ideen. Darauf freue ich mich.
Darum habe ich aufgehört zu spielen
Ja, ich bin begeistert von Pokéon Go. Dennoch habe ich aufgehört. Die App darf mein Smartphone wieder verlassen. Dafür habe ich zwei Gründe:
-1. Pokémon Go taugt nicht auf dem Land
Hier am Stadtrand gibt es nicht viel öffentliches Leben und noch weniger Inhalt für Pokémon Go. An die Straßenkreuzung vorne verirren sich gelegentlich mal eine Ratte oder eine Taube. Der nächste Pokestop ist gut fünf Minuten entfernt.
Und weiter unten am Fluss oder auf dem Feldweg? Nichts. Kilometerweit kein Pokémon. Vielleicht beabsichtigt, damit sich niemand in unbefestigtes Gelände verirrt oder in den Fluss hüpft, um ein Pokémon zu fangen. Dennoch würde ich auf meinen täglichen Runden mit den Hunden doch gerne mal das eine oder andere Taschenmonster fangen.
In der Stadt bietet sich ein ganz anderes Bild. Pokéstops überall. In fünf Minuten um den Block und schon sind fünf, sechs Stationen abgegrast. Außerdem linsen an so vielen Ecken Pokémon hervor, dass ich schon gar nicht mehr jedes einfangen will. Da packt mich der Neid des Landeis und irgendwie auch der Frust.
-2. Pokémon Go ist instabil
Der erste Samstag nach dem Deutschlandstart von Pokémon Go. Ich mache mich auf den Weg in den Nachbarort. Das sind fünf Minuten zu Fuß. An der Kirche wartet eine Arena, darin ein Pokémon, das schlagbar aussieht. Nur 167 Punkte. Den packe ich!
Doch es gibt ein Problem. Die App bleibt hängen, als ich den Kampf beginne. Ich starte neu, gehe ein paar Meter, öffne die Arena erneut, greife das gegnerische Pokemon an – und die App hängt wieder.
Vor der Kirche lasse ich mich in der Sonne auf einer Bank nieder und probiere es, wieder die App zu starten. Nach gut zehn Minuten geht es weiter. Erneut greife ich in der Arena an und lerne etwas wichtiges: Das Pokémon mit 167 Punkten ist eine Falle. Als ich das Monsterchen weggeputzt habe, sieht sich meine fette Kampfratte einem Blitze werfenden Monstrum mit knapp 700 Punkten gegenüber. Da mache ich keinen Stich.
Also Flucht. Ich verlasse die Bank und gehe ein paar Meter zu einem Pokéstop, um zumindest noch ein paar Ressourcen abzugreifen. Doch aus daraus wird nichts. Die App hängt wieder und diesmal komme ich nicht mehr hinein.
Pokémon Go nervt. Wenn ich dauernd Software abstürzen sehen will, installiere ich mir lieber Windows 95.
— Martin Goldmann (@mgoldmann) July 17, 2016
Der Ausfall am Samstag war nicht der einzige. Seither hat die App nur sporadisch funktioniert. Wann immer ich Zeit für ein Spielchen gehabt hätte, hing das Programm schon im Ladebildschirm. Vermutlich waren und sind die Server überlastet. Aber ich bin raus. Leider. Habe keine Lust auf den Ladebildschirm zu starren.