Wie man ZDF-Morgenmagazin Computer-Experte wird – und unvergesslich

Ich hatte keine Ahnung, worauf ich mich da einließ. Und ich hatte keine Ahnung, dass die Entscheidung nach Berlin zu fahren dafür sorgen würde, dass ein Tag kam, der wiederum dafür sorgen sollte, dass einen die Nachwelt wohl nicht so schnell vergisst. Und vor allem hatte ich nicht die geringste Ahnung, dass es ausgerechnet dieser Moment sein sollte. An einem Donnerstag-Abend 2017 wurde mir mal wieder klar: ein Stück Computergeschichte hatten wir beim ZDF-Morgenmagazin geschrieben. Und zwar ein lustiges Stück. Wie sonst kommt man in die Sendung „Die lustigsten Spaßvögel aus 50 Jahren TV-Geschichte“? 21 Jahre später ist es also mal an der Zeit zu erzählen: Wie wurde ich eigentlich ZDF-Morgenmagazin Computer-Experte? Die Geschichte beginnt in Mainz. Im Büro des damaligen Leiters der Programm-Planung Markus Schächter.

Wenn man es ganz genau nimmt, begann es natürlich mit 3Sat und mit „Neues… die Computershow“. Da war ich ja sozusagen Moderator der ersten Stunde. Allerdings nachdem ich ursprünglich nur das Drehbuch schreiben, dann die Einspielfilme machen – und schließlich eben auch noch moderieren sollte. Aber das, das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes mal erzählt werden.

1993 in Mainz – der ZDF-Computerexperte erblickt das Licht der Welt

Ein Geschenk vom ZDF-Morgenmagazin für Computer-Experten Christian Spanik - die Jubiläumstasse
Eine ganz besondere ZDF-Morgenmagazin Tasse: 25 Jahre und ein Farbfehldruck. Davon gibt es nur ganz wenige auf der Welt

Man muss es klar sagen: so schwer war es nicht, den Job zu bekommen. Denn es gab nicht viele Bewerber. Eigentlich gar keinen. Wir hatten 1992 angefangen mit „Neues…“ und irgendwann 1993 saß ich zusammen mit Markus Schächter. Ihn kannte ich noch von meiner Arbeit als Autor für „Technik 2000“ und „Komm Puter“ für das ZDF-Kinderprogramm. Schächter war zu dieser Zeit der Verantwortliche für die Programm-Planung und hatte das Gefühl, dass diese Computersache irgendwie was längerfristiges ist.

Diese Weitsicht kann man – wenn man an die frühen 90iger Jahre denkt – gar nicht hoch genug einschätzen. Denn wenn ich eines sagen kann, dann: es gab in dieser Zeit nicht viele Leute – egal bei welchem Sender – die das so sahen.

„Vielleicht wäre das Computerthema was für das Morgenmagazin.“

Markus Schächter, Programmleitung ZDF 1993

Als ich also in seinem Büro saß, sagte Markus Schächter zu mir: Er würde überlegen, ob das Thema nicht was für das gerade kurz vorher gestartete ZDF-Morgenmagazin sei. Ob ich mir das zutrauen würde als Computer-Experte? Na – aber hallo.

In diesem Ausschnitt aus meiner Digisaurier-Sendung auf Youtube erinnere ich mich nicht nur an die Zeit beim ZDF-Morgenmagazin sondern beschreibe auch einen Tag wie er damals für mich ( den Computer-Experten) ablief . Ab vier Uhr morgens… Mit der Kamera habe ich die Orte die damals wichtig waren wieder besucht…

Live im ZDF-Morgenmagazin? Klar kann ich das…

Wie gesagt: ich hatte keine Ahnung auf was ich mich da einließ. Nicht nur das extrem frühe aufstehen – auch der Stress einer Nachrichten getriebenen  Live-Sendung war mir in keiner Form klar. Und schon gar nicht was es heißen würden im ZDF-Morgenmagazin als Computer-Experte Digitaltechnik – die selbst noch in den Kinderschuhen steckte – live zu präsentieren.

Computer-Experte Christian Spanik antwortet im ZDF-Morgenmagazin auf die Frage: was ist das Internet
Es gab viele Auftritte vor diesem legendären Auftritt als Computer-Experte im ZDF-Morgenmagazin

Und so fuhr ich nach Berlin. Markus Schächter hatte an den Gründungs-Redaktionsleiter des ZDF-Morgenmagazin einen Brief geschrieben und diese Idee skizziert. Darum bekam ich überhaupt eine Einladung Peter Frey zu treffen.

Was ist eigentlich ein Computer-Experte in den 90igern? Von Wolfgang Back bis Klaus Möller

Das man es nicht falsch versteht: es gab natürlich bereits Computer-Experten im Fernsehen: Wolfgang Back und Wolfgang Rudolph hatten schon deutlich früher angefangen mit dem WDR-Computerclub. Da wurde gebastelt und gelötet, programmiert und vieles mehr, was Computerfans glücklich machte. Unser Ziel bei 3Sat war allerdings vielmehr eine Sendung für ganz normale Anwender zu machen. Zu helfen die Ängste vor dem Computer abzubauen – denn es gab mehr Leute die ängstlich waren, was die neue Technik betraf als begeisterte Fans und Freaks. Und das was wir uns für Neues… vorgenommen hatten galt natürlich erst recht für das ZDF-Morgenmagazin.

Und natürlich gab es Kollegen wie Günter Alt bei der WiSo Redaktion des ZDF. Eine Redaktion die nicht nur sehr früh begann Software per Diskette und später per CD-ROM anzubieten sondern eben auch regelmäßig Computerthemen aus Verbraucher-Sicht anzugehen.

Klaus Möller und der spätere Computer-Experte Christian Spanik - zu der Zeit nur TV-Autor
Eines der ganz wenigen frühen Bilder von Klaus Möller und mir – wir sitzen auf dem Campus der Stanford University und besprechen die Dreharbeiten für die ZDF Doku das „Tal der kleinen Könige“

Oder Klaus Möller mit der Computer Corner im ZDF. Einer der ganz früh Computerthemen von Spielen bis zu Software & Hardware (damals ZX81, Atari, Commodore & Co) in die Flimmerkiste Fernsehen holte. Und der mir die Chance gab TV-Autor und später eben auch Moderator zu werden. Seine Verdienste werde ich an anderer Stelle hier nochmal würdigen. Aber eines der ersten Computerprojekte die wir zusammen machten war die Silicon Valley Doku „Das Tal der kleinen Könige“ für das ZDF Kinder- und Jugendprogramm. Mehr dazu zum Beispiel hier:

Der Erfinder von Pong war alles – nur nicht leicht zu finden…

Was mir aber in Sachen ZDF-Morgenmagazin als Computer-Experte auch zuerst nicht klar war, aber was ich dann sehr schnell deutlich zu spüren bekam war: es gab ja Computer-Experten. In unzähligen Fachzeitschriften. Und die fanden das was ich so machte meist ziemlich schrecklich.

Der Spanik ist kein Computer-Experte!

„So kann man das nicht sagen…“ „Das ist viel zu kurz abgehandelt…“ „Da muss man doch dazu sagen…“  Diese Sätze hörte ich nur allzu oft. Oder musste sie lesen in irgendwelchen Newsgroups wo man sich darüber austauschte, was der Spanik da wieder gesagt hatte am frühen Morgen. „Der Christian Spanik ist kein Computer-Experte.“ war die Expertenmeinung. Alleine der Begriff Computer-Experte trieb so manchen Kollegen zur Weißglut. Den aus deren Sicht war ich alles – aber eben kein Computer-Experte. Und ich muss sagen, dass sie auf ihre Art sogar recht hatte.

Das Team von Neues - die Mannschaft hinter dem Begriff Computer-Experte
Live-Sendungen – das bedeutete große Teams, genaue Absprachen, knappe Zeit und immer einen der drängte während man moderierte. Kein einfaches Feld für den Computer-Experten

Allerdings hatte auch keiner von denen, wenn er über Computer schrieb, einen Knopf im Ohr, durch den einem der zuständige Redakteur im Sender mitteilte: „…noch eine Minute“. Auch wenn gerade erst zwei Minuten vorbei waren.  Und das mitten im Live-Auftritt wo man versuchte so verständlich wie möglich und so knapp wie es ging einfache Fragen zu beantworten wie: „Was ist eigentlich dieses Internet und lohnt es sich für mich, Christian?“

Peter Frey – ein Mann, ein Wort, ein Versuch

Zurück zu meinem Berlin-Termin: Peter Frey fragte mich, wie ich mir das vorstellen würde mit den Computerthemen im ZDF-Morgenmagazin. Und ich versuchte zu erklären, dass mir wichtig war, dass es populär und verständlich sein sollte. Dazu nannte ich ein paar Beispiele wie: „Hält es ein Laptop aus, wenn er vom Tisch fällt?“ „Was sind gute Weihnachtsgeschenke für einen Computerfan?“ und dergleichen mehr.

Computer-Experte Christian Spanik in schwieriger Mission: Laptops runter werfen
Da lachen die Chefs der Computerhersteller noch. Minuten später schubsten wir zu Testzwecken ihre Laptops vom Tisch…

Nachdem ich mit meinem Vorschlägen so rausgesprudelt war und mein Pulver verschossen hatte dachte ich: „Das wird nix…“ – denn Peter Frey hatte still zugehört. Und sagte nachdem ich geendet hatte erstmal kein Wort. Dann griff er zum Telefon: „Michael – kannst Du mal kommen?“

„Ich kann nicht sicher sagen, ob das Thema Computer die ZDF-Morgenmagazin Zuschauer interessieren wird. Aber – wir probieren das mal.“

Peter Frey, Redaktionsleiter MoMa 1993

Ich hatte keine Ahnung,  wer die Person war, die Peter Frey da angerufen hatte. Aber er sagte zu mir recht klar: Ob es die Zuschauer wirklich interessieren würde, das könnte er nicht sicher sagen. Also probieren wir es halt. Und dann kam der Michael rein, den er gerufen hatte. Michael Hölting. Der war zuständig für Wirtschaft und für die Service-Ecke im ZDF-Morgenmagazin.

Hier der Artikel zu unserem legendären gemeinsamen Auftritt:

Mein digitaler Grabstein…

Das ZDF-Morgenmagazin „Team Wirtschaft“ – eine tolle Truppe

ZDF-Morgenmagazin - der Computer-Experte im Gespräch
Das muss eine Außenschalte gewesen sein: neben mir sitzt Patricia Schäfer, die Hauptmoderatorin. Im Hintergrund Stephanie Barret – die Wirtschaftsmoderatorin an diesem Tag

Das war auch genau jener Michael Hölting der mit dann 1996 die Frage stellen sollte, mit der ich mich nun immer noch regelmäßig als Video-Zitat konfrontiert sehe.  „Was ist dieses Internet…“ – der Rest ist Geschichte.

Aber egal mit welchen Kollegen ich zu tun hatte: Michael, Hans Erwin Riemann, Stephanie Barret oder Frank Bethmann. Sie alle waren bereit sich auf das Thema einzulassen. Und halfen so das der Computer-Experte Christian regelmäßig vor Ort neue Technologien erklärte. Auch die Hauptmoderatoren wie Maybritt Illner, Cherno Jobatey, Andreas Klinner, Gundula Gause, Steffen Seibert, Jana Günther, Anne Gellinek, Stephan Merseburger, Juliane Hielscher, Christian Sievers, Patricia Schäfer, Bettina Schausten, Michael Bartsch und auch Peter Frey selbst übernahmen immer wieder die gemeinsamen Auftritte mit mir.

Von Hustenanfall, Brechreiz und Sicherheitskräften  – viele Geschichten hinter 3 Minuten

Es gibt – wie man ja auch oben im Video erfährt – unzählige Geschichten aus dieser Zeit. Juliane Hilscher beispielsweise hatte mitten im Auftritt einen Hustenanfall, der sich einfach nicht stoppen ließ. Also stand ich plötzlich alleine vor der Kamera und erzählte meine Geschichte ohne Fragen durch den Moderator. Um dann überzuleiten zum nächsten Programm-Punkt. Bis Juliane wieder mit einem Schluck Wasser alles im Griff hatte.

Frank Bethmann - einer der regelmäßigen Partner für mich als ZDF Computer-Experte
Frank Bethmann (links) – hier mit Axel Mengewein, dem damaligen ZDF Cyporter

Mit Andreas Klinner und Frank Bethmann hatte ich allerhand legendäre Auftritte. Die beiden und ich galten im Sender im Lauf der Jahre als gutes Duo wenn es um Live-Schalten von Messen wie der CeBIT und dergleichen ging. An einen Auftritt erinnere ich mich noch besonders gut. Mir war – und ich habe wirklich keine Ahnung warum – unendlich übel am morgen. Ich war nicht sicher, ob ich den Brechreiz der sich mitten in der Schalte nach Berlin immer stärker meldete unter Kontrolle halten konnte. Ich will nur soviel sagen: bis zur letzten Sekunde, also bis wir zurück nach Berlin schalteten klappte es. Über den Rest decken wir den Mantel der Geschichte.

Und nie vergessen werde ich die Sicherheitskräfte am Flughafen Hannover und Berlin. Denn bevor sich die Redaktion dazu entschloß, dass wir wirklich mit einem Ü-Wagen zur Schalte nach Hannover fahren musste ich immer nach Berlin fliegen von der CeBIT aus. Das hieß: tagsüber recherchieren und Geräte einsammeln und dann damit nach Berlin fliegen. Das eine oder andere Mal begleitet von ein paar japanischen Entwicklern, weil ich den einzigen Prototypen von irgendwas im Gepäck hatte. Und die den natürlich keine Sekunde aus den Augen lassen wollten.  Sowohl in Hannover als auch in Berlin erkannten mich die Leute an der Sicherheitsschleuse zum Flugzeug bald: ich war der Typ mit dem Sack voll Technik, die er nicht immer zur Überprüfung anschalten konnte. Denn blöderweise hatte man auch schon mal das Ladeteil vergessen in Hannover – und der Akku musste  ja am morgen bis zur Sendung halten…

Die hinter den Kulissen beim ZDF-Morgenmagazin – Redaktionsleiter und Produktion

Es waren von Regie, über Gästebetreuung und Maske bis hin zu den Kollegen an den Kameras großartige Kollegen mit denen ich da zusammen arbeiten  durfte. Aber drei Personen will ich noch nennen:

Computer-Experte mit Macherin Iris vom ZDF-Morgenmagazin
Eines der wenigen Fotos die es von uns gemeinsam gibt: mit Iris beim 25 Jahre ZDF-Morgenmagazin Fest

Eine der Personen die ich meine und die ich – wie unzählige Kollegen – vom ersten Tag bis heute über die Maßen schätzen lernte war: Iris – die von Stunde Null des ZDF-Morgenmagazins an eine großartige Macherin im Hintergrund und die gute Seele in der Redaktion war und ist.

Keinesfalls unterschätzen darf man die Arbeit der Produktion, allen voran Detlev und Liane die ebenfalls vom ersten bis zum letzten Auftritt den ich dort hatte mit großer Geduld und großem Einsatz dafür sorgten, dass all das lief und gezeigt werden konnte, was wir in den 3 bis 4 Minuten unterbringen konnten. Kein triviale Aufgabe.

Und dann waren da natürlich die Redaktionsleiter nach Peter Frey.  Maybritt Illner, Bettina Schausten, Ulf Röller – um nur einige zu nennen. Menschen, die mir das Vertrauen schenkten über lange Jahre im ZDF-Morgenmagazin zu sein, was ich ganz sicherlich nur in eingeschränkter Weise war: der Computer-Experte. Aber – wie mir einige Kollegen sagten, als wir in diesen Tagen gemeinsam 25 Jahre ZDF-Morgenmagazin feierten: „Ihr habt den Leuten die digitale Technik nahegebracht. Und ihnen Angst genommen.“

Tja – wenn ich das mal alles gewusst hätte, als ich sagte: „Klar kann ich das…“

25 Jahre später - der Computer-Experte mit ZDF-Morgenmagazin Tasse
Danke – und es war mir eine Ehre. Es waren viele tolle Jahre ZDF-Morgenmagazin als Computer-Experte

Übrigens: das ist die gesamte Youtube-Sendung der Digisaurier vom letzten Juli. Mit vielen Erinnerungen ans Morgenmagazin, das in zu diesem Zeitpunkt 25 Jahre alt wurde.

Ein Gedanke zu „Wie man ZDF-Morgenmagazin Computer-Experte wird – und unvergesslich“

  1. Moin Christian,
    Du hast in Deinem spannenden Werdegang im ZDF Deine „Urlaubssendung“ vergessen: den ZDF-Fernsehgarten! Was wir da mit Klaus Möller alle getrickst haben, um an Kohle ranzukommen – man muß es heute nicht mehr wissen.
    Ich hoffe, Dir geht es gut und – wie ich sehe – Geschäft läuft.
    Herzliche Grüße
    Uli

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