Die Atelco-Filiale in Bremen (Foto via Wikimedia - Bildnachweise siehe unten)

Fast vergessen (16): Was wurde eigentlich aus Atelco?

So wie sich die Digitalpioniere ihre Kisten in den Achtzigern und Neunzigern bei ESCOM, VOBIS oder Data Becker besorgten, so ließen sich die PC-Nerds ab etwa 1996 ihre Windows-Maschinen bei Atelco bauen. Das war die Alternative dazu, einen 08/15-PC von der Stange bei Aldi & Co zu kaufen.

Insofern waren die Atelco-Filialen überall in Deutschland die Computerläden für die Nerds. Also für diejenigen, die genau wussten, was sie brauchten, die sich mit Motherboard und BIOS, Grafikkarten und all den technischen Details auskannten, die im Zuge der PC-Kompatiblen-Welle der Jahre um 1990 herum zum täglichen Informationsbrot der Anspruchsvollen User:innen gehörten. Über die Komponenten machte man sich in den vielen, vielen Computerzeitschriften schlau – vor allem in der c’t oder gern auch in den Fachblättern aus den USA -, dann ging man auf die Suche nach Anbietern, um sich die Wunschkiste selbst zu bauen.

Atelco-Werkstatt in Mülheim-Klärlich (Foto: Atelco)
Atelco-Werkstatt in Mülheim-Klärlich (Foto: Atelco)

Oder man ging mit der Wunschliste zu Atelco. Deren Spezialität in einigen der bis zu 40 Filialen war es nämlich, den PC im Beisein der:des Kund:in live und in Farbe zusammenzusetzen und … zu testen! Wer also beispielsweise auf die verrückte Idee kam, Videos am Windows-Rechner zu schneiden, der war mit einem Besuch bei Atelco gut beraten.

Während die Auswahl an Gehäusen, Tastaturen und Bildschirmen eher schmal war, bekam man bei Atelco (fast) alles, was das Nerd-Herz begehrte. Plus dermaßen kompetente Berater, dass man ernsthaft fachsimpeln konnte. Zugegeben: Mancher im Atelco-Shop neigte zur typischen Besserwisser-Arroganz der Wissenden. Aber über den Tisch gezogen wurde man nicht. Und etliche Käufer:innen schoben dann doch mehr Kohle über die Theke als geplant, weil sie zurecht auf das Personal gehört hatten.

Ein Atelco-PC von 2011 (Foto: Screenshot Computerbild)
Ein Atelco-PC von 2011 (Foto: Screenshot Computerbild)

Ein Billigheimer war Atelco nie, obwohl es gerade in den frühen Nullerjahren dort auch brauchbare Standardkisten für relativ kleine Mark gab. Brillant übrigens auch die Auswahl an Kabeln. Unter Freaks hieß es: Wenn du ein exotisches Kabel brauchst, guck dich mal bei Atelco vorbei. So gesehen war dieser Laden herzerfrischend altmodisch. Aus gutem Grund, denn das Unternehmen wurde 1988 als – für damalige Zeiten – typisches Systemhaus mit dem Schwerpunkt auf die DOS- und Windows-Welt in Essen gegründet.

2016 war dann endgültig Schluss. Vielleicht haben die Verantwortlichen zu spät auf den Online-Handel gesetzt (wobei die URL hardwareversand.de schon einigermaßen genial war). Vielleicht, das zeigen ja auch die Schicksale von Data Becker, VOBIS und ESCOM war die Zeit für diese Art Computervertrieb einfach vorbei. Die Gründe für die stramme Insolvenz im Jahr 2015 wurden nie vollständig geklärt, zumal das Management später nie wieder in der Branche auffällig wurde.

K&M in Duisburg (Foto: K&M Computer)
K&M in Duisburg (Foto: K&M Computer)

So gab es nur ein kleines Zeitfenster, etwa von 2008 bis 2012, in dem man als Interessent in den deutschen Großstädten keine Wahl hatte, als entweder blind im Internet zu bestellen oder in die örtliche Atelco-Filiale zu schlendern, denn die anderen Computerladenketten waren da teilweise schon weg. Leider waren die Umstände von Insolvenz und Auflösung ziemlich unerfreulich. Offiziell übernahm die K&M Computer, ein Händler mit Schwerpunkt in den neuen Bundesländern, die Filetstücke von Atelco, aber K&M war da schon Teil der Bora-Computer-Gruppe, weil sie in jenen Tagen selbst mit der Insolvenz zu kämpfen hatten.

Jedenfalls wurden einige Atelco-Filialen von K&M übernommen und umbenannt. Von denen dann 2019 das Gros wieder geschlossen wurde. Dies im Zuge einer massiven Umstrukturierung. Heute lebt K&M vom Online-Geschäft, betreibt aber wieder bzw. immer noch 13 Filialen im gesamten Bundesgebiet, wobei der Laden in Aachen unter „Bora Computer“ läuft. Was man so hört, ist das Unternehmen recht gesund und unter Nerds (siehe oben) bekannt für seine teilweise sensationellen Sonderangebote.

Bora Computer in Aachen (Foto: K&M Computer)
Bora Computer in Aachen (Foto: K&M Computer)

Eine schöne Tradition hat K&M aufrechterhalten: Immer noch kann man sich in den Filialen den persönlichen Wunsch-PC mit allen Traumkomponenten maßschneidern lassen. So hat Atelco als echte Hardwarebude dann doch noch überlebt.

[Bildquellen – Atelco Bremen: Reise Reise via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 3.0; alle anderen: via K&M Computer]

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