Gängige Flash-Karte in einer kompakten Digitalkamera (Foto: DS)

Kleine Weltgeschichte der Digitalfotografie (2): Ohne Flash kein Knips – ein Hoch auf Fujio Masuoka!

Nein, Fujio Masuoka hat im Gegensatz zu Willard Boyle und George E. Smith keinen Nobelpreis bekommen. Dabei hat dieser japanische Ingenieur die Speichertechnologie erfunden, die der digitalen Fotografie zum Durchbruch verhalf: den Flash-Speicher, also das Speichermedium, das es überhaupt erst möglich machte, die großen Datenmengen, die beim Knipsen entstehen, zu sichern.

Fujio Masuoka, der Erfinder des Flash-Speichers (Foto: siehe Bildnachweis unten im Text)
Fujio Masuoka, der Erfinder des Flash-Speichers (Foto: siehe Bildnachweis unten im Text)
Wir haben ja gesehen, dass Sony bei der Mavica sogar den Einsatz beschreibbarer CDs zum Abspeichern der Bilder ausprobierte, was zu einer ziemlich merkwürdigen Form des Gehäuses führte. Gebraucht aber wurde ein Medium, das a) klein und/oder kompakt genug für einen Fotoapparat ist, das b) keine beweglichen Teile enthält und/oder viel Energie verbraucht und das c) preisgünstig herzustellen ist.

Nun hat Masuoka-san sein Berufsleben lang am Thema gearbeitet, zunächst als Ingenieur bei Toshiba, später als Professor an der Uni Tokio und dann wieder in der freien Wirtschaft. So wie Boyle und Smith eine grundlegende Erfindung rund um das Digitalisieren von Bildern gemacht haben, so hat Masuoka grundlegende Erfindungen rund um das nicht-flüchtige Speichern gemacht. Das wäre auch einen Nobelpreis wert, aber er selbst sah sich einfach nur als Ingenieur und sagte 2006 der Business Week: „Ich wollte einen Chip entwickeln, der alle andere Speicherverfahren ersetzen würde.“ (Zitat per NZZ vom 24.09.2008) Kollegen beschreiben ihn als beinahe schon manischen Einzelgänger, der sein Ziel um jeden Preis erreichen wollte.

EPROM: ein Vorläufer des Flash-Speichers (Foto: siehe Bildnachweis unten im Text)
EPROM: ein Vorläufer des Flash-Speichers (Foto: siehe Bildnachweis unten im Text)

Bei seiner unermüdlichen Forschungsarbeit konnte er auf Erkenntnisse aus den Sechzigerjahren zurückgreifen, die vorschlugen, Feldeffekttransistoren für die Datenspeicherung zu verwenden. Bei dieser Form Halbleiter wird der durch den Transistor fließende Strom von außen durch ein Magnetfeld beeinflusst, er kann auf diese Weise geschaltet werden. In den Siebzigern kamen solche Bauelemente als sogenannte EPROMs (Erasable Programmable Read-Only Memory) auf den Markt. Die konnte man mit Daten beschreiben (man sagte „brennen“), aber ihren Inhalt per Definition nicht ändern. Dafür aber waren diese Chips mit einem Fenster ausgestattet; durch dieses konnte man die gespeicherten Daten per UV-Licht oder Röntgenstrahlung löschen. Benutzt wurde EPROMs deshalb vor allem, um Betriebssystemdaten zu speichern, die ja in der Regel nicht bearbeitet werden.

Größenvergleich von Flash-Karten (Foto: siehe Bildnachweis unten im Text)
Größenvergleich von Flash-Karten (Foto: siehe Bildnachweis unten im Text)

Fujio Masuoka entwickelte zuerst NOR-Flash-Bausteine, später dann auch die NAND-Technologie. Beide basieren auf der parallelen Verschaltung von Speicherzellen wie bei NOR- beziehungsweise NAND-Gattern. Das macht es möglich, Daten in den einzelnen Zellen zu speichern und ohne größeren Aufwand zu ändern und zu löschen. Um diese Verfahren dann ab 1984 kommerziell nutzbar zu machen, hat Masuoka eine ganze Palette an Hardware- und Software-Lösungen entwickelt. Er legte (so ziemlich allein) die Basis für die Herstellung von Flash Memory, hierzulande meist einfach Speicherkarten genannt.

Heute finden sich solche flachen Dinger mit verschiedenen Formfaktoren und Kapazitäten von bis zu 2 Terabyte (TB) in praktisch allen Digitalkameras als Speichermedium. Und die Preise sinken regelmäßig und ständig, sodass aktuell Karten mit 512 Gigabyte Fassungsvermögen kaum mehr als 50 Euro kosten. Dabei unterscheiden sich die verschiedenen Modelle heutzutage vor allem bei der Speichergeschwindigkeit. Zudem sind nicht wenige Computer mit passenden Kartenlesern ausgestattet, die es auch als Peripheriegeräte mit USB-Verbindung gibt.

Hätte es eine brauchbare Alternative gegeben? Vermutlich nicht, denn es gab nie ernsthafte Versuche, Speichermedien zu entwickeln, die so klein wären und Bilder ebenfalls stromlos speichern könnten. Zwischenstufen auf dem Weg zu den Flash-Memory-Karten waren die ebenfalls auf der Flash-Technologie aufsetzenden SRAM- und PCMCIA-Karten und später der Memory-Stick, den Sony durchzusetzen versuchte. Durchgesetzt haben sich jedoch Flashcards, und es gibt keine Indizien dafür, dass sich das noch ändern könnte.

Hier geht es zu den anderen Folgen der Serie:
(1): Vom CCD-Sensor bis zur Sony Mavica
(3): Vom Fotografierkästchen zur DSLR – die Formatfaktoren
(4): Alles Software, oder was? – Dateiformate und KI

Fazit: Ohne Flash kein Knips. Wäre Professor Masuoka nicht so hartnäckig gewesen, wer weiß, ob sich die Digitalfotografie ab dem Beginn der Neunzigerjahre so schnell durchgesetzt hätte. Wie eine digitale Kamera aussehen sollte, darüber dachten dann eine ganze Reihe Ingenieure nach, die zunächst vorwiegend aus der Computertechnik stammten. Erst als sich die großen und bekannten Hersteller von klassischen Kleinbildkameras auf das Thema stürzten, entstanden die Designs, die wir heute noch kennen – und darum geht es in der nächsten Folge unserer kleinen Weltgeschichte der Digitalfotografie.

[Bildnachweise – Titelbild: Digisaurier; Flash-Größen: Xell via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 2.0 AT DEED; NOR-Flash-Zelle: Cyferz via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 3.0 DEED; EPROM: via Wintools; Fujio Masuoka: 文部科学省大臣官房人事課栄典班 via Wikimedia unter der Lizenz CC BY 4.0 DEED;]

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