Der 800XL, der Bildschirm, der Kartenleser. Es funktionierte alles. Ich war angekommen auf meiner Reise zurück zum Atari XL. Jetzt konnte ich das Retro-Gefühl in vollen Zügen genießen. Doch vorher gab es noch eine Aufgabe: Ich musste meine restlichen Dateien auf die SD-Karte hinüber retten. Das war nicht so einfach, wie ich mir das vorgestellt hatte.
Einige Disketten hatten Lesefehler – kein Wunder nach fast 30 Jahren. Das Problem war: Beim Kopieren über das Atari-DOS führte schon ein einziger Lesefehler zum Abbruch des Kopiervorgangs. Was aber war dann mit dem Rest der Dateien? Liegen lassen?
Die ganze Atari-Geschichte
Die Lösung lag auf einer meiner alten Disketten: Der Sektor-Kopierer. Ein kleines Programm, das mir schon sehr gute Dienste geleistet hat um – öhm – Sicherungskopien von Sicherungskopien anzulegen. Denn der Kopierschutz bestand damals oft aus absichtlich defekten Sektoren. Dem Sektor-Kopierer war das egal.
Viele Disketten habe ich mit dem Sektop-Kopierer auf virtuelle Images kopieren. Angesehen habe ich mir die defekten Files bislang aber noch nicht. Wenn die 30 Jahre rumliegen konnten, halten sie es auch noch ein paar Monate länger aus. Hauptsache, die sind mal kopiert.
Spiele auf dem Atari XL
Ich wollte endlich wieder mit dem Atari XL spielen. Doch wie? Die Spiele wieder von Diskette laden? Oder alle zuerst auf SD-Karte kopieren? Das dauert mir zu lange.
Aber es gab eine Lösung: Ein Forenbeitrag brachte mich auf die richtige Spur zu Online-Archiven mit Hunderten Disketten-Images aller Spiele-Genres. Dort habe ich mir ein paar Spiele geholt und auf die SD-Karte gepackt. Und noch besser: es gibt sogar aktuelle Spiele, programmiert in den 2000ern für den 800XL. Zum Beispiel Crownland, das mit Parallax-Scrolling, tollem Sound und toller Grafik zeigt, was man aus einem XL herausholen kann. Allerdings braucht der XL für Crownland eine Speichererweiterung. Gut, dass die in meinem Turbo Freezer XL eingebaut ist.
Natürlich stand auch Summer Games auf meiner Liste. Jenes Joystick mordende Rüttelspiel. Meine Handgelenke sind allerdings zu alt, um hier noch vernünftige Zeiten aufzustellen. Außerdem hatte ich ganz vergessen welch ellenlange Ladezeiten das Spiel hatte, zumal man alle Nase lang die Diskette umdrehen musste (das bedeutet, ein anderes Image aktivieren).
Mein Favorit ist Kennedy Approach. Eine Fluglotsen-Simulation mit für damalige Zeiten fantastischer Sprachausgabe. Für damalige Zeiten war das Spiel ausgesprochen barmherzig zu seinen Spielern. Während bei Ballerspielen schon ein einzelnes verirrtes Pixel das Kampfschiff vernichtete, konnte man bei Kennedy Approach auch mal eine Fluglotenschicht so richtig versemmeln und durfte dennoch weiter spielen.
Tage der Programmierung
Da war noch etwas anderes neben Texten und Spielen. Genau: Basic. Jene wunderbar einfache Einstiegssprache, die so vielen Menschen den Weg zum Computer geebnet hat. Simpel, mit Zeilennummern: Atari Basic. Doch das bekam bald Konkurrenz von einem Basic-Interpreter, der meiner Lieblingssprache auf dem XL einen gewaltigen Schub gab: Turbo Basic XL.
Veröffentlicht als Listing in der Zeitschrift Happy Computer wanderte Turbo Basic auf bald alle Ataris, so auch auf meinen.
Und was habe ich so programmiert? Alleine nichts besonderes. Aber gemeinsam mit meinem Freund Ingo haben wir einen üppigen Charakter-Generator für das Offline-Rollenspiel Midgard gebaut. Und dazu gleich noch Umwandlungs-Routinen für alle, die ihre Charaktere aus Dungeons & Dragons nach Midgard hinüber retten wollten.
An den Midgard-Utilities sind wir viele Nächte gesessen. Ich habe in dieser Zeit viel über strukturiertes Programmieren gelernt – und dass Bier trinken und programmieren nicht zusammen passen. Don’t drink and code!
Seit der XL hier auf meinem Schreibtisch, steht habe ich auch schon wieder ein paar Zeilen programmiert. Und mal sehen, wenn die Zeit reicht, wage ich mich vielleicht auch noch einmal an den 6502-Assembler. Dessen Schlichtheit fasziniert mich. Und Literatur dazu habe ich auch noch.
Defektes Diskettenlaufwerk
Bleibt noch das letzte Problem: Mein Diskettenlaufwerk hat einen Schaden. Zunächst gab es Probleme beim Formatieren von Disketten. Ich dachte, das läge an defekten Datenträgern. Dann aber hatte ich Stephans Laufwerk hier – und da funktionierte alles. Ergo hat meine Atari 1050 ein Problem.
In der Hoffnung die Ursache zu finden, habe ich das Laufwerk aufgeschraubt – wer mein Händchen für Elektronik kennt, sollte jetzt Angst um das Laufwerk bekommen.
Aber keine Angst. Ich habe nur ein wenig geguckt und bin einem Hinweis aus einem Forum nachgegangen. Es könne sein, dass sich am Riemenantrieb Schmutz abgesetzt hat. Und genau da saß er auch: klebriger, schwarzer Dreck.
Als ich den entfernt hatte, funktionierte zumindest das Formatieren von Disketten. Vielleicht Zufall? Aber ich schiebe es mal auf meine verwegene Reparatur. Allerdings gab es beim Kopieren von Disketten – egal ob über DOS oder über den Sektor-Kopierer immer noch Fehler. Da hat die Reparatur also nicht geholfen. Immerhin habe ich nichts kaputt gemacht. Und ich hatte Gelegenheit, am offenen Gehäuse den Schreib-Lesekopf bei der Arbeit zu filmen.
Die Floppy liegt jetzt im Regal und wartet darauf, dass ich mich mit dem Atari Userclub ABBUC in Verbindung setze. Dort hoffe ich auf einen Spezialisten, der die Floppy reparieren kann. Eigentlich brauche ich das Diskettenlaufwerk ja nicht mehr unbedingt, dank des SD-Kartenlesers, der gleich mehrere Laufwerke emuliert. Aber irgendwie wurmt es mich, wenn nicht alles funktioniert. Ich hoffe, es wird nur ein kurzer Abschied von der Floppy.
Tröööt!
Die Floppy muss funktionieren. Denn vielleicht will ich meinen Atari XL mal weiter vererben. An meine Tochter. Die ist jetzt schon ganz begeistert von einem kleinen Programm, das „Tröööt“ macht, sobald sie den Joystick-Knopf drückt.
Programmiert habe ich das „Trööt“ in Basic. Wie früher. Ob Linchen auch einmal programmieren wird?
Aber jetzt wird es wieder Zeit, ins Hier und Jetzt zu kommen. Die Gegenwart ist spannend – aber die Vergangenheit darf erst einmal hier auf meinem Schreibtisch bleiben.
Ein Atari XL war auch mein erster Computer. Die kleine Geschichte über deinen Garagenfund hat mich schön in diese Zeit zurückversetzt. Danke dafür!
Oha, da fühle ich mich in meine eigene Kindheit/Jugend zurück versetzt. Bei mir steht seit einiger Zeit auch ein alter Atari 800 Xl im Regal – neben diversen Macs. Welch Parallele.
Wenn ich einen Blick auf euere Midgard-Utilities werfen könnte, würde ich im Kreis hüpfen: Ich spiele aktuell auch wieder Midgard. Und früher mal D&D. :-)
Gerne auch als Image per Mail.
Ne schöne Jrooß aus Aachen vom Elmi
Hallo!
Bin auch gerade wieder dabei, den 130XE zu reaktivieren. Es war eine so tolle Zeit …
<3 Dankeschön!
War grade auf der Suche nach einer SD-Floppy für den 8 Bit Atari und stolperte über diese Seite… von Peter Finzel hab ich auch einige Programme gekauft, damals – auch das Grafik Programm und das SoundProgramm – Namen der selbigen leider entfallen. Grossartige Computer Pionierzeit gewesen und meine Kindheit/Jugend – habe es nie bereut, ein Nerd zu sein 8)
Moin,
schöner Beitrag. Als jemand, der immer aktiv geblieben ist mit dem Atari XL, macht es immer wieder Freude, zu lesen, wie andere Menschen den Atari wieder entdecken. Ohne jetzt ins Philosophische abzurutschen, aber ich glaube, die Einfachheit dieses Systems übt in unserer überladenen Welt einen gewissen Reiz aus.
Manchmal lade ich sogar Programme von Kassette. In Echtzeit. Lausche dem Sound und erinnere mich an das Hoffen und Bangen, daß das Spiel damals auch fehlerfrei geladen wurde und nicht, nach 15 Minuten Ladezeit, kurz vor Schluß mit Fehler abbricht…
Ich hoffe, die Floppy funktioniert wieder? Ansonsten biete ich hier Support an. Ich bin der Schrauber des ABBUC :-)
Viele Grüße, Jürgen